Zitate aus SPD-Geschichte:"Freiheit und Leben kann man uns nehmen - die Ehre nicht!"

Otto Wels, Kurt Schumacher oder Helmut Schmidt - viele große Sozialdemokraten fanden in historischen Momenten die richtigen Worte.

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Ferdinand Lassalle

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Otto Wels, Kurt Schumacher oder Helmut Schmidt - viele große Sozialdemokraten fanden in historischen Momenten die richtigen Worte. Die wichtigsten Zitate aus der mehr als 150-jährigen Geschichte der SPD im Überblick.

"Alle große politische Aktion besteht im Aussprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und bemänteln dessen, was ist."

Diese kämpferischen Worte stammen von Ferdinand Lassalle, dem Vater der Sozialdemokratie in Deutschland. Der in Breslau geborene Publizist gründete am 23. Mai 1863 in Leipzig den "Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein" (ADAV), aus dem später die SPD entstand. Ob sich seine politischen Urenkel heute noch alle stets an diese Losung halten, darf bezweifelt werden.

August Bebel

Quelle: SCHERL

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August Bebel brachte die Sozialdemokratie in Deutschland zu politischem Gewicht. Er gründete 1869 gemeinsam mit Wilhem Liebknecht die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP), die sechs Jahre später mit dem ADAV zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP, auch SAPD) verschmolz. 1892 wurde er Ko-Vorsitzender der zwei Jahre zuvor so umbenannten SPD.

Der redegewandte "Arbeiterkaiser" genoss extrem hohes Ansehen bei den Parteianhängern und sogar den Respekt seiner politischen Gegner. Bebel gilt zudem als einer der ersten Frauenrechtler. Ihm wird folgendes Diktum zugeschrieben:

"Es gibt keine Befreiung der Menschheit ohne die soziale Unabhängigkeit und Gleichstellung der Geschlechter."

Philipp Scheidemann

Quelle: SCHERL

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"Philipp, du musst hier raus und reden! (Karl; Anm. d. Red.) Liebknecht will die Sowjetrepublik ausrufen!", so erinnerte sich Philipp Scheidemann, eine der führenden Persönlichkeiten der SPD Anfang des 20. Jahrhunderts, später an die aufgeregte Arbeitermenge im Reichstag. Es war der 9. November 1918. Am Vormittag verkündete der Kanzler Max von Baden eigenmächtig die Abdankung des Kaisers - und Philipp Scheidemann trat auf den Balkon des Reichstagsgebäudes:

"Das deutsche Volk hat auf der ganzen Linie gesiegt. Das alte Morsche ist zusammengebrochen; der Militarismus ist erledigt! Die Hohenzollern haben abgedankt! Es lebe die deutsche Republik!"

Friedrich Ebert, 1919

Quelle: SCHERL

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Der SPD-Vorsitzende Friedrich Ebert wurde am 11. Februar 1919 zum Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt. Der krankheitsbedingte Tod des Realpolitikers im Jahr 1925 wird von Historikern oft als ein Grund für das Scheitern der Weimarer Republik bezeichnet.

Zu Lebzeiten sah sich Ebert nicht mehr ausschließlich als SPD-Mann:

"Ich will und werde als der Beauftragte des ganzen deutschen Volkes handeln, nicht als Vormann einer einzigen Partei. Ich bekenne aber auch, dass ich ein Sohn des Arbeiterstandes bin, aufgewachsen in der Gedankenwelt des Sozialismus, und dass ich weder meinen Ursprung noch meine Überzeugung jemals zu verleugnen gesonnen bin."

Otto Wels, 1932

Quelle: Scherl

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In einer Sternstunde der SPD trat ihr Vorsitzender Otto Wels ans Rednerpult:

"Wir sind wehrlos, wehrlos ist aber nicht ehrlos. Gewiss, die Gegner wollen uns an die Ehre, daran ist kein Zweifel. Aber dass dieser Versuch der Ehrabschneidung einmal auf die Urheber selbst zurückfallen wird, weil es nicht unsere Ehre ist, die bei dieser Welttragödie zu Grunde geht, das ist unser Glaube bis zum letzten Atemzug. Freiheit und Leben kann man uns nehmen - die Ehre nicht!"

Es war der 23. März 1933 in der Berliner Krolloper. Wels hielt die letzte freie Rede in einer Reichstagssitzung. Die Sitzung, in der Adolf Hitler sein Ermächtigungsgesetz durchsetzte. Sozialdemokraten wurden längst von den Nazis verfolgt, bedroht und verhaftet - während Wels' Rede standen SA-Männer im Saal. Der Vorsitzende sprach trotzdem. Bei der Abstimmung waren es nur die 94 Abgeordneten der SPD-Fraktion, die ihre Stimme gegen das Diktatorengesetz und damit für die Demokratie abgaben.

Julius Leber

Quelle: Bundesarchiv, Bild 151-50-45A / CC-BY-SA

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Sozialdemokraten wurden während der Zeit des NS-Regimes verfolgt und in Konzentrationslager deportiert. So auch Julius Leber, zu Weimarer Zeit SPD-Reichstagsabgeordneter. Von 1935 bis 1937 war er in den KZs Esterwegen und Sachsenhausen inhaftiert.

Nach seiner Freilassung ging Leber in den Widerstand. Er war einer der Beteiligten am Attentat des 20. Juli 1944 um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, wurde aber schon am 5. Juli von der Gestapo verhaftet. Nach einem Schauprozess richteten die Nazis Julius Leber am 5. Januar 1945 in Plötzensee hin. Seinen Freunden hinterließ er diese Worte:

"Für eine so gute und gerechte Sache ist der Einsatz des eigenen Lebens der angemessene Preis. Wir haben getan, was in unserer Macht gestanden hat. Es ist nicht unser Verschulden, dass alles so und nicht anders ausgegangen ist."

Kurt Schumacher, 1946

Quelle: DPA

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Kurt Schumacher war der erste Vorsitzende der SPD in der Bundesrepublik. 1918 trat er als Kriegsgeschädigter noch vor der Novemberrevolution in die SPD ein, 1930 wurde er in den Reichstag gewählt. In seinem einzigen - spontanen - Redebeitrag dort rechnete er am 23. Februar 1932 mit Joseph Goebbels ab:

"Die ganze nationalsozialistische Agitation ist ein dauernder Appell an den inneren Schweinehund im Menschen. Wenn wir irgendetwas beim Nationalsozialismus anerkennen, dann ist es die Tatsache, dass ihm zum ersten Mal in der Politik die restlose Mobilisierung der menschlichen Dummheit gelungen ist."

Aussagen die von den Nazis nicht vergessen wurden - zehn Jahre lang war Schumacher im Konzentrationslager. Nach dem Krieg wurde er zum größten Gegenspieler von Bundeskanzler Konrad Adenauer. Während einer Rede bezeichnete er diesen per Zwischenruf als "Bundeskanzler der Alliierten". Schumacher war ein Vertreter der unbedingten Selbständigkeit Deutschlands und als solcher ein Feind sowohl des Kommunismus als auch des Freihandels der Westmächte, wie er in einer Rede vom 1. November 1947 betonte:

"Und heute ist die Frage 'Kommunist oder Sozialdemokrat?' die Frage 'Russe oder Deutscher?' - und wir sind die Deutschen! Aus unserer ganzen Geisteshaltung heraus gibt es für uns keinen Sozialismus ohne Freiheit. (...) Und ich meine, so sehr wir uns dagegen wehren, den totalitären Staatskapitalismus auf uns übertragen zu lassen, so sehr wehren wir uns auch gegen die Annahme des free enterprise. Europa steht und fällt mit der Gleichzeitigkeit von Demokratie und Sozialismus."

Gustav Heinemann Prantls Blick EGOWiG Amnestie NS-Verbrechen

Quelle: dpa

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"Nicht der Krieg ist der Ernstfall, in dem der Mann sich zu bewähren habe, wie meine Generation in der kaiserlichen Zeit auf den Schulbänken lernte, sondern der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir alle uns zu bewähren haben."

Diese Worte sprach Gustav Heinemann, nachdem er 1969 seinen Amtseid bei der Ernennung zum Bundespräsidenten geleistet hatte. Er wurde damit das erste Staatsoberhaupt aus der SPD in der Bundesrepublik - ursprünglich war Heinemann allerdings CDU-Mitglied gewesen. Die Christdemokraten aber hatte er aus Protest gegen die Aufrüstungspolitik unter Bundeskanzler Adenauer 1952 verlassen und sich bis zu seinem SPD-Beitritt 1957 der Gesamtdeutschen Volkspartei angeschlossen.

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Quelle: AFP

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Die Erinnerung des ersten Bundeskanzler der SPD, Willy Brandt, ist unweigerlich mit der legendären Geste seines Kniefalls vor dem Ehrenmal der Helden des Warschauer Ghettos am 7. Dezember 1970 verbunden. In seinem Buch "Erinnerungen" schreibt Brandt dazu:

"Am Abgrund der deutschen Geschichte und unter der Last der Millionen Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt."

Eine auf Versöhnung ausgerichtete Ostpolitik war Brandts größtes Anliegen, für dessen Umsetzung er den Friedensnobelpreis bekam. Schon bei seiner ersten Regierungserklärung am 28. Oktober 1969 sprach er dabei einen Satz aus, der bis heute im politischen Sprachgebrauch fest verankert ist:

"Wir wollen mehr Demokratie wagen."

1979 HELMUT SCHMIDT

Quelle: dpa

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"Schmidt Schnauze" wurde Helmut Schmidt oft genannt - der Altkanzler war berüchtigt für seine flotten Sprüche. Waren meist politische Gegner wie CSU-Mann Franz Josef Strauß Opfer von Schmidts lockerem Mundwerk, so musste sich im Wahlkampf 1980 auch sein Vorgänger Willy Brandt etwas vom damaligen Kanzlerkandidaten anhören:

"Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen."

Schmidt bestritt, dass Brandt Adressat dieses berühmten Tadels war - in einem Interview mit der Zeit stellte er 2010 klar, er habe den Satz wahrscheinlich in einem Gespräch mit Journalisten gesagt:

"Das muss mindestens 35 Jahre her sein, vielleicht 40. Da wurde ich gefragt: 'Wo ist Ihre große Vision?' Und ich habe gesagt: 'Wer eine Vision hat, der soll zum Arzt gehen.' Es war eine pampige Antwort auf eine dusselige Frage."

Political Parties React To Regional Election Results

Quelle: Getty Images

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Oskar Lafontaine sei der klügste Mann gewesen, den die SPD über drei Jahrzehnte lang gehabt hätte, sagte der CDU-Politiker Heiner Geißler 2008 in einem Interview mit dem Stern. Für Gerhard Schröder hätte die Partei ihn dann laufen lassen.

Lafontaine wurde nach seinem Rücktritt im März 1999 zum führenden und ständigen Kritiker seiner ehemaligen Partei. Die Trennung von den Sozialdemokraten hatte aber Spuren hinterlassen. 2006 sagte Lafontaine - nun bei der Linkspartei beheimatet - dem Stern:

"In der Politik gibt es keine wirklichen Freundschaften, nur Zweckbündnisse auf Zeit."

Spesen-Bericht - Schröder prüft rechtliche Schritte

Quelle: dpa

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Bundeskanzler Gerhard Schröder gab sich gerne hemdsärmlich und volksnah. Sein Ruf nach einer Flasche Bier unter Streikandrohung bei einer Autogrammstunde blieb im Gedächtnis. Für die allergrößte Aufregung sorgte aber folgender Satz, der dem bisher letzten Kanzler der SPD zugeschrieben wird:

"Putin ist ein lupenreiner Demokrat."

Dabei hatte Schröder die Worte genau so gar nicht gewählt. Vielmehr hatte er auf die von Reinhold Beckmann in dessen Talksendung am 23. November 2004 gestellte Frage, ob Putin ein lupenreiner Demokrat sei, Folgendes geantwortet:

"Das sind immer so Begriffe. Ich glaube ihm das und ich bin davon überzeugt, dass er das ist. Dass in Russland nicht alles so ist, wie er sich das vorstellt und gar wie ich oder wir uns das vorstellen würden, das, glaube ich, sollte man verstehen. Dieses Land hat 75 Jahre kommunistische Herrschaft hinter sich und ich würde immer gerne die Fundamentalkritiker daran erinnern, mal darüber nachzudenken, ab wann denn bei uns alles so wunderbar gelaufen ist."

© süddeutsche.de/josh/joku/leja
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