Zionismus-Äußerungen:Erdogan gibt den Aufrührer

Zu Hause tritt der türkische Regierungschef als Friedensfürst auf, im Ausland provoziert er. Wer wie Erdogan Faschismus und Zionismus in eine Reihe stellt, hat wenig von europäischer Geschichte verstanden. Die Stimmung zwischen Türkei und Israel wird nun noch länger eisig bleiben.

Ein Kommentar von Christiane Schlötzer

Zu Hause tritt der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan derzeit als Friedensfürst auf, der sich nichts sehnlicher wünscht als ein Ende des Kurden-Krieges. Im Ausland aber gibt Erdogan den Aufrührer und bestärkt damit all jene, die ihn für einen Islamisten und Provokateur halten, dem die EU ihre Türen besser nicht öffnen sollte. Wer wie Erdogan Faschismus und Zionismus in eine Reihe stellt, hat in der Tat wenig verstanden von europäischer Geschichte.

Verbalattacken Erdogans gegen Israel gab es auch früher. Sie zielten meist aufs heimische Publikum, das die Tötung von neun Türken auf einem Gaza-Hilfsschiff durch Israels Armee nicht vergessen hat. Der Auftritt in Wien - ausgerechnet auf einer UN-Konferenz zur Völkerverständigung - hat allerdings diesen Adressaten verfehlt: Die türkischen Medien haben ihn so gut wie gar nicht wahrgenommen, sie kennen kaum ein anderes Thema als den kurdischen Frühling.

Dafür dürfte die Eiszeit zwischen der Türkei und Israel nun noch länger dauern. Erst jüngst sollen Emissäre aus Jerusalem und Ankara versucht haben, die Beziehungen wieder vorsichtig aufzutauen. Die Diplomaten können nun wohl erst mal wieder einpacken. Die Türkei ist ein wichtiger Akteur im Nahen Osten, aber sie schwächt sich immer wieder selbst. Klüger wäre es, sie würde sich an das alte Motto des Republikgründers Atatürk halten: Friede im Land, Friede in der Welt.

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