Zeuge im Untersuchungsausschuss:Deutscher Service für die NSA

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Herr U. muss wissen, was der Bundesnachrichtendienst in Bad Aibling für die NSA tut. Aber der Zeuge im U-Ausschuss des Bundestags darf kaum darüber sprechen. Das bringt selbst den Obmann der CDU auf die Palme.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Herr U. hat es nicht leicht an diesem Donnerstag. Er leitet eine Außenstelle des Bundesnachrichtendienstes im bayerischen Bad Aibling. Und deshalb sitzt er jetzt als Zeuge vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Er soll Auskunft geben über die Arbeit des BND-Horchpostens, den der BND selbst erst kürzlich als solchen enttarnt hat. Aber er darf nicht wirklich etwas sagen.

Herr U. hat eine Aussagegenehmigung durch die Bundesregierung, aber nur eine sehr eingeschränkte. Zusammengefasst darf er sagen: In Bad Aibling werden mit 120 Mitarbeitern ausgewählte Satellitenverbindungen mit dem Analyseprogramm XKeyScore abgefischt. Fast ausschließlicher Zweck: "Force Protection". Also der Schutz der deutschen Truppen im Ausland, vor allem in Afghanistan. Diese Daten werden mit sogenannten Selektoren weiter bearbeitet. Das können Telefonnummern oder E-Mail-Adressen sein, die im Zusammenhang mit Terroranschlägen stehen könnten. Meldet das Programm verdächtige Treffer, schauen sich BND-Mitarbeiter die Treffer an und melden sie weiter, wenn sie eine gewisse Relevanz haben.

Außerdem gebe es eine gewisse Zusammenarbeit mit den Amerikanern. Der US-Geheimdienst NSA ist mit einigen Mitarbeitern in Bad Aibling vertreten. Die würden aber lediglich technische Unterstützung für die amerikanische Software und Technik bieten, die der BND in Bad Aibling ansonsten in eigener Regie betreibe. Allerdings werden - quasi als Service - sogenannte G10-gefilterte-Daten in großem Umfang an die Amerikanern weitergeben. Das sind Daten, aus denen Informationen über Grundrechtsträger herausgenommen werden. Da sind vor allem deutsche Staatsbürger herausgenommen worden. Denn Deutsche darf der BND nicht bespitzeln.

Keine Antworten auf Detailfragen

Um den Amerikanern gezielt helfen zu können, werden drei bis viermal am Tag neue Selektoren von einem US-Server heruntergeladen, sagt Zeuge U.. Auf jeden Fall halte sich seine Dienststelle an alle gesetzlichen Vorschriften. Das sei ihm auch "ein persönliches Anliegen". Von den Amerikanern werden in Bad Aibling keine Daten eingespeist.

Das war es im Wesentlichen. Nichts davon ist unbekannt. Alles stand schon einmal irgendwo in der Presse. Auf alle Detailfragen, was in seiner Dienststelle sonst noch alles passiert, hat Zeuge U. nur eine Antwort: "Nicht in öffentlicher Sitzung."

Das ist seine Antwort auch dann, wenn nach längst bekannten Fakten gefragt wird. Irgendwann reicht es auch dem ansonsten eher nüchtern-besonnenen CDU-Obmann im Ausschuss, Roderich Kiesewetter. Er wendet sich direkt an die Vertreter der Bundesregierung im Ausschuss: "Das was wir hier heute erleben, ist eine zu harsche Einschränkung", empört er sich. Es sei im Interesse der CDU/CSU-Koalitionsfraktion, dass "wesentliche Fragen möglichst öffentlich geklärt werden".

Geholfen hat das nicht. Zeuge U. hält sich an seine eingeschränkte Aussagegenehmigung. Auch mit Unterstützung seines durchaus bekannten Anwaltes Johannes Eisenberg. Immerhin wird soviel klar:

Nach Angaben des Zeugen U. gibt es zwar keinen klassischen Ringtausch, also keinen direkte Austausch von sensiblen Daten zwischen befreundeten Diensten. Aber "im Gegenzug für hochwertige Technik" stelle der BND in Bad Aibling die Selektoren der NSA in die von ihr gelieferte Technik ein. Und gibt die damit gefilterten Daten ohne jede Weiterbearbeitung an die NSA weiter.

Linktipp:

SZ.de-Korrespondent Thorsten Denkler über die Geheimnisse des BND in Bad Aibling.

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