Zerreißprobe für Schwarz-Grün in Hamburg:Kohlekraft, die Ärger schafft

Soll es so weitergehen? Die Hamburger Grünen entscheiden nach dem umstrittenen Ja zum Kraftwerk Moorburg über die Fortsetzung der Koalition mit der CDU.

Jens Schneider

Es sollte ein Tag werden, an dem selbst ein klarer Erfolg für die grüne Parteispitze sich nicht wie ein schöner Sieg anfühlen würde. Auch die glanzvollste Rede der Senatorin Anja Hajduk würde keinen großen Glanz verbreiten. Denn die Hamburger Grünen, die hier GAL heißen, hatten die alles überschattende Niederlage bereits eine Woche vor dieser Mitgliederversammlung am Donnerstagabend in Hamburg-Wilhelmsburg, ganz in der Nähe des kleinen Stadtteils Moorburg, erlitten.

Zerreißprobe für Schwarz-Grün in Hamburg: Im Februar waren Hamburgs Grüne - hier Christa Götsch und Anja Hajduk - noch optimistisch und machten Wahlkampf gegen Kohlekraftwerke

Im Februar waren Hamburgs Grüne - hier Christa Götsch und Anja Hajduk - noch optimistisch und machten Wahlkampf gegen Kohlekraftwerke

(Foto: Foto: dpa)

Gegen ihre Überzeugung musste ihre Umweltsenatorin und frühere Landesvorsitzende Hajduk das Steinkohlekraftwerk Moorburg aus juristischen Gründen genehmigen. Die Partei wertete das als schwere Niederlage. Diese Niederlage sollte auch die Stimmung in der GAL an diesem Abend prägen, an dem die Basis über den weiteren Verbleib der Grünen in der Koalition mit der CDU zu entscheiden hatte.

Bereits vor dieser Mitgliederversammlung hatten Teile der Basis rigoros den Ausstieg aus der erst vor fünf Monaten gegründeten schwarz-grünen Koalition gefordert. Sie verlangten zudem eine Entschuldigung der Partei bei ihren Wählern, weil sie die Aussicht falsch eingeschätzt hatten, das Kraftwerk Moorburg zu verhindern.

Auch der Partei-Nachwuchs, die Grüne Jugend, forderte den Ausstieg der Partei aus der Koalition. Dennoch wurde in der Versammlung ein klares Votum der Basis für den Verbleib in der Koalition erwartet. Weil es in der GAL keine namhaften Gegner der Koalition gibt, hat sich die gesamte Führungsspitze für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit ausgesprochen.

So räumte die grüne Schulsenatorin und Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch zwar ein, dass sie zu optimistisch gewesen sei. Sie sei überzeugt gewesen, dass man das Kraftwerk verhindern könne, sagte sie. Goetsch hatte noch im Wahlkampf als Spitzenkandidatin der GAL versprochen, dass es mit den Grünen keine Genehmigung für das Kraftwerk Moorburg geben werde. Sie warb aber jetzt für die Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition. Der Landesvorstand der GAL hatte für den Parteitag einen Antrag auf Fortsetzung der Koalition angekündigt. GAL-Chefin Katharina Fegebank sprach sich ausdrücklich dafür aus.

Als Argument für die Fortsetzung der Koalition führte die Führungsspitze an, dass man keinerlei Probleme mit dem christdemokratischen Koalitionspartner habe. Der Versuch, das Kohlekraftwerk Moorburg zu verhindern, sei nicht am Widerstand der CDU, sondern allein aus juristischen Gründen gescheitert. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hätte eine Entscheidung zum Ausstieg aus Moorburg mitgetragen, hieß es.

"Ausgangslage zu optimistisch eingeschätzt"

Auch die Kreisverbände der GAL in den Stadtteilen Mitte und Bergedorf sprachen sich bereits vor der Versammlung für Schwarz-Grün aus. Allerdings räumten auch sie die juristische Niederlage und damit verbundene Fehler ein. "Wir Grüne müssen dennoch selbstkritisch einräumen, dass wir die Ausgangslage der Genehmigung für das Kohlekraftwerk zu optimistisch eingeschätzt haben", hieß es im einstimmigen Beschluss des Kreisvorstands Mitte.

Umweltsenatorin Hajduk hatte die Genehmigung für das Kraftwerk vorige Woche nach monatelangen Prüfungen unter allerdings strengen Auflagen erteilt. Diese Auflagen begrenzen vor allem die Nutzung von Kühlwasser aus der Elbe, weil die Erwärmung des Flusses durch diese Kühlung als schwerer Eingriff in das Öko-System gewertet wird. Die Auflagen könnten nach Einschätzung der Umweltbehörde dazu führen, dass der Betrieb an durchschnittlich 250 Tagen im Jahr gedrosselt werden muss.

Die GAL-Spitzen waren noch beim Einstieg in die Koalition davon ausgegangen, dass die Senatorin die Baugenehmigung aus wasserrechtlichen Gründen komplett verweigern könnte. Diese Annahme wurde jedoch im Lauf des Genehmigungsverfahrens durch einen Hinweisbeschluss des Hamburger Oberverwaltungsgerichts erschüttert, der die Position des Stromkonzerns von Vattenfall stärkte. Hajduk sah deshalb trotz ihrer großen Bedenken gegen das Kraftwerk keine Möglichkeit mehr, die Genehmigung zu versagen, ohne dass in einem anschließenden Verfahren hohe Kosten für die Stadt entstanden wären. Vattenfall prüft unterdessen eine Klage gegen die Auflagen für das zwei Milliarden Euro teure Projekt.

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