ZDF-Politbarometer:Wachsende Sympathiewerte für die Atomkraft

Die steigenden Energiepreise beeinflussen offenbar die Haltung zur Atomkraft: Erstmals seit Jahren spricht sich eine Mehrheit der Deutschen für längere Laufzeiten der 17 Atomkraftwerke aus.

Nach dem an diesem Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer haben sich in Deutschland die Einstellungen beim Thema Laufzeit von Atomkraftwerken deutlich verändert. Demnach befürwortet derzeit eine Mehrheit von 54 Prozent das Weiterbetreiben der vorhandenen Kernkraftwerke über die gesetzlich festgelegte Nutzungsdauer bis 2021 hinaus.

Diejenigen, die am beschlossenen Zeitplan des Atomausstiegs festhalten wollen, sind jetzt mit 40 Prozent in der Minderheit. Damit hat sich das Verhältnis binnen eines halben Jahres glatt umgekehrt: Im Dezember 2007 wurde eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten lediglich von 40 Prozent unterstützt, eine Mehrheit von 53 Prozent war dagegen.

Während heute rund drei Viertel der Anhänger von Union und FDP für längere Laufzeiten plädieren, sind die der SPD in dieser Frage inzwischen gespalten. Nur die Anhänger der Linken und besonders die der Grünen stehen noch mehrheitlich zum Atomausstieg bis 2021.

Pessimistisch in die Zukunft

Wie außerdem aus der Befragung hervorgeht, macht der drastische Anstieg der Energiepreise und die generell wieder zunehmende Inflation den Bundesbürgern immer mehr zu schaffen. Laut Politbarometer schätzen die Deutschen ihre eigene wirtschaftliche Lage pessimistischer ein als je zuvor seit der Wiedervereinigung.

41 Prozent der 1292 von der Forschungsgruppe Wahlen Befragten gehen davon aus, dass es ihnen finanziell in einem Jahr schlechter gehen wird. Eine unveränderte Entwicklung erwarten 42 Prozent. Nur 15 Prozent glauben, dass es ihnen besser gehen wird.

Die jüngste Entwicklung hat auch die Gewichtung der politischen Themen erheblich durcheinandergewirbelt. Der Umfrage zufolge rangieren Kosten, Preise und Löhne mit 60 Prozent inzwischen mit deutlichem Abstand als wichtigstes Thema noch vor der Arbeitslosigkeit mit 34 Prozent.

Fast jeder Bundesbürger (95 Prozent) hält die gestiegenen Energiepreise für ein sehr großes oder großes Problem. Für 84 Prozent ist es sogar eine Gefahr für den Wohlstand, nur 15 Prozent sehen keine oder eine weniger starke Gefahr.

Außerdem verändern die explodierenden Spritpreise das Fahrverhalten der Deutschen. So gaben 55 Prozent der befragten Autofahrer an, weniger fahren zu wollen. 29 Prozent wollen benzinsparender fahren. 16 Prozent erwägen, auf ein kleineres Auto umzusteigen, 8 Prozent wollen gar ihr Auto abschaffen. Lediglich 21 Prozent gaben an, dass sie nichts ändern wollen. 14 Prozent beabsichtigen, an anderer Stelle zu sparen (Mehrfachnennung).

Weniger Vertrauen in die Große Koalition

Deutlich geschwunden ist mittlerweile das Vertrauen in die Große Koalition zur Lösung der anliegenden Probleme. Zur Jahresmitte trauen ihr nur noch 35 Prozent zu, einen wichtigen Beitrag dazu leisten zu können. Im November 2007 waren es noch 49 Prozent.

58 Prozent machen sich da aktuell keine großen Hoffnungen (November 2007: 46 Prozent). In der parteipolitischen Präferenz hat sich jedoch wenig verändert. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, kämen CDU und CSU wie bei der letzten Umfrage auf 39 Prozent und die SPD ebenfalls unverändert auf 26 Prozent.

Von den Oppositionsparteien bliebe die FDP bei 10 Prozent, die Linke käme auf 12 Prozent (plus 1), die Grünen auf 9 Prozent (minus 1) und die sonstigen Parteien auf 4 Prozent. Die Liste der wichtigsten Politiker führt erneut Bundeskanzlerin Angela Merkel an, die sich gegenüber Juni von 1,8 auf 2,0 Punkte verbesserte.

Es folgt der Vizekanzler und Außenminister Frank-Walter Steinmeier von der SPD mit leichtem Zuwachs von 1,6 auf 1,7. Im Negativbereich blieb SPD-Chef Kurt Beck, der aber von minus 0,7 auf minus 0,4 aufholte.

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