Ypsilanti auf Youtube:Hallo Franz, ach du bist es!

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Ein Stimmenimitator gab sich bei Andrea Ypsilanti als Franz Müntefering aus. Das Geplaudere wurde zum Hit auf Youtube - und Hessens SPD ist machtlos.

Sieben Minuten telefonierte Andrea Ypsilanti mit Jochen Krause. Sieben Minuten, die der hessischen SPD-Chefin unangenehm sein müssen. Sieben Minuten, die ihre internen Parteigegner von der Rechten amüsieren.

Ypsilanti will nicht, dass ihr Gespräch mit einem Stimmenimmitator publik wird. Einige Nutzer fordern hingegen: "Keine Zensur bei Youtube." (Foto: Foto: Reuters)

Jochen Krause ist Stimmenimitator, und er gab sich ausgerechnet für den Privatradiosender FFN als Franz Müntefering aus - und führte so in der Rolle des designierten SPD-Chefs die Genossin Ypsilanti hinters Licht. Die Wiesbadener Oppositionsführerin, die gern die hessische Landesregierung stellen will, untersagte die Veröffentlichung des Gesprächs.

Doch wie das so ist im Internet - ein 1:43 Minuten langer Mitschnitt mit "Münte" und "Yps" ist nun bei Youtube zu hören. Die SPD will eine Verbreitung ebenso verhindern wie der Auftraggeber FFN, doch der kurze pseudo-sozialdemokratische Dialog entwickelt sich auf dem Videoportal zum Hit.

Das gilt sowohl für die Klicks - als auch für die Zahl der Veröffentlichungen. Die Suche nach "Ypsilanti" und dem Radiosender "FFN" lieferte am Montagvormittag elf Treffer - und allein den ersten Treffer klickten bislang rund 50.000 Menschen an.

Der Clip stehe illegal im Netz, klagt der Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Wiesbadener Landtag, Gert-Uwe Mende. Die Inhalte dürften nicht verwendet werden. Die hessische SPD habe den niedersächsischen Sender Radio FFN gebeten, alles zu unternehmen, um ihn wieder aus dem Internet zu entfernen.

Nach Angaben von Radio-FFN-Programmdirektorin Ina Tenz schaltete der Sender bereits am Sonntag einen Anwalt ein. Der habe Youtube aufgefordert, den Mitschnitt zu löschen.

Mittlerweile hat auch die hessische SPD ihrerseits einen Anwalt eingeschaltet, der von dem Sender eine Unterlassungserklärung einfordern soll. Dies teilte der hessische SPD-Generalsekretär Norbert Schmitt mit. Seinen Angaben zufolge werde die SPD von allen Medien, die aus dem Gespräch zitierten, ebenfalls eine Unterlassungserklärung verlangen.

Doch der SPD wird es nicht gelingen, den Clip aus der Welt zu schaffen. Wer mehr wissen möchte, weiß, wo er suchen muss. Und hofft, Fragen zu beanworten, die so noch keiner gestellt hat: Würde Andrea Ypsilanti für einen guten Posten in der Bundespartei ihr Land Hessen Roland Koch und den Seinen überlassen? Wen hält Hessens SPD-Chefin für nicht kontrollierbar? Wie ist es um die Gesprächskultur in einer Partei bestellt, in der sich alle duzen, auch mit dem Messer in der Hand?

Wenn ein interessantes Dokument erst einmal im Internet kursiert, breitet es sich so schnell aus, dass es unmöglich ist, es endgültig zu entfernen.

Youtube bemüht sich zwar prinzipiell, rechtlich bedenkliche Videos zu löschen, doch wenn unterschiedliche Nutzer das Video immer wieder hochladen, kommt schon Youtube mit dem Löschen nicht hinterher. Da in einigen Ypsilanti-Clips in einer Sprechblase "Keine Zensur bei Youtube" zu lesen ist, liegt die Vermutung nahe, dass einigen Nutzern daran gelegen ist, den Clip im Netz zu halten.

Zudem ist Youtube nicht die einzige Plattform für Videos. Auch auf der deutschen Seite Clipfish ist das entsprechende Video zu sehen. Ypsilantis kleine Peinlichkeit wird also mit großer Sicherheit noch lange im Internet zu finden sein.

Ein kleiner Trost für die forsche SPD-Größe aus Hessen: Sie ist nicht die Erste, die auf einen Stimmenimitator hereingefallen ist. Ségolène Royal, auch eine Sozialistin, ist beispielsweise mitten im französischen Präsidentschaftswahlkampf auf einen Stimmenimitator reingefallen. Da hatte sich der angebliche Regierungschef von Québec gemeldet, und Madame Royal hatte über den Status der französischen Insel Korsika abgelästert.

In die Regierungsverantwortung hat es die adrette Französin bis heute nicht geschafft. Aber das will im Fall Ypsilanti nichts heißen.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/woja/jja/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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