Wulff verteidigt Patenschaft:"Neugeborene haften nicht für ihre Eltern"

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Für das siebte Kind einer Familie übernimmt der Bundespräsident die Patenschaft - auch, wenn die Eltern Nazis sind. So hat es zumindest Christian Wulff gehandhabt. Jetzt verteidigt er sein Vorgehen.

Bundespräsident Christian Wulff hat sich besorgt über aufkeimenden Extremismus in Deutschland gezeigt. In den USA werde bereits in Reiseführern vor Urlaub in Deutschland gewarnt, dies gelte insbesondere für Menschen mit dunkler Hautfarbe, sagte Wulff am Donnerstag am Rande seines Antrittsbesuchs in Waren in Mecklenburg-Vorpommern. "Wir müssen den Extremismus wirkungsvoller bekämpfen, zum Beispiel in Kindergärten und Gemeinden."

Bundespräsident Christian Wulff ist besorgt über den Extremismus in Deutschland. (Foto: ddp)

Zum Auftakt seines Besuchs rechtfertigte Wulff in Waren das Vorgehen des Präsidialamts im Falle einer Ehrenpatenschaft für das siebte Kind einer Familie mit mutmaßlich rechtsextremer Einstellung in Lalendorf im Landkreis Güstrow.

Dieser Fall hatte in dieser Woche bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Der Bürgermeister des kleinen Ortes, Reinhard Knaack (Linke), hatte sich geweigert, die mit dieser Patenschaft verbundene Urkunde und die dazugehörigen 500 Euro zu überreichen. Das Bundespräsidialamt schickte die Urkunde daraufhin per Post direkt an das neugeborene Kind.

Der Bürgermeister hat inzwischen massiven Ärger mit den Rechten und steht seit Tagen unter Polizeischutz. Aus der Landespolitik war Wulff aufgefordert worden, sich deutlicher hinter den Bürgermeister zu stellen.

"Ich wünsche mir, dass er sich diesem Thema stärker widmet", sagte die Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD). Wulff solle nicht nur die Sonnenseiten des Landes besuchen, sondern auch Probleme wahrnehmen. "Unser Problem sind die Nazis, die sich in den Dörfern breit machen."

Das Thema Extremismus sei bei einer Patenschaft für ein Kind nicht richtig "angedockt", sagte Wulff. "Neugeborene haften nicht für ihre Eltern." Er habe das Thema Extremismus bei allen Antrittsbesuchen in den Bundesländern angesprochen, in Sachsen beispielsweise deshalb ein Projekt zur Demokratieerziehung in einem Kindergarten besucht.

Wulff rief die Demokraten auf, gemeinsam ihre Verantwortung wahrzunehmen. "Wir wollen keinen Extremismus in Deutschland." Man dürfe nicht mit den Ängsten der Menschen spielen.

In Mecklenburg-Vorpommern sitzt die NPD seit 2006 im Landtag. Aus Reihen der SPD war Wulff aufgefordert worden, den Bürgermeister in Lalendorf zu besuchen. Das Besuchsprogramm für Mecklenburg-Vorpommern habe die Schweriner Staatskanzlei zusammengestellt, sagte eine Staatskanzlei-Sprecherin.

© SZ vom 10.12.2010/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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