Wohnungsmarkt:Stadt, Land, Flucht

Trotz Bevölkerungsschwund wächst der Bedarf an Wohnraum. Die SPD fordert mehr Neubauten, doch die stehen bei der Bevölkerung nicht hoch im Kurs. Künftig will man um mehr Verständnis werben, auch mit Kampagnen.

Von Friederike Zoe Grasshoff, Berlin

Die Bevölkerung wird schrumpfen, der Bedarf an Wohnraum wachsen: Der neuen Bevölkerungs- und Wohnungsmarktprognose des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumplanung (BBSR) zufolge werden im Jahr 2035 78,2 Millionen Menschen in Deutschland leben - im Vergleich zum Jahr 2012 mit 80,5 Millionen Einwohnern würde dies einen Rückgang von drei Prozent bedeuten. Wie Harald Herrmann, Professor und Direktor des BBSR, am Dienstag in Berlin auf der Pressekonferenz des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen mitteilte, gibt es große regionale Unterschiede im Rahmen dieser demografischen Entwicklung. Während der Prognose zufolge ländliche Regionen bis 2035 teilweise mehr als 20 Prozent ihrer Bevölkerung verlieren, werden Metropolen und kleinere Universitätsstädte wachsen - und den Druck auf den Wohnungsmarkt erhöhen.

"Die Prognosen zeigen, dass die wirtschaftsstarken Metropolen in den nächsten Jahren einen starken Zuzug zu erwarten haben. Deswegen brauchen wir vor allem dort eine große Zahl neuer Wohnungen", sagte Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD). Hendricks zufolge werden in den kommenden Jahren ungefähr 270 000 neue Wohnungen jährlich benötigt. Gründe für diese Entwicklung seien unter anderem der Anstieg privater Haushalte mit einem vergleichsweise hohen Anspruch auf Wohnfläche und der weitverbreitete Wunsch nach Wohneigentum. "Probleme auf dem Wohnungsmarkt betreffen immer mehr Menschen, auch für Mittelschichts-Haushalte verringern sich die Möglichkeiten", sagte Hendricks mit Blick auf die seit Jahren steigenden Mietpreise in den großen Städten. In den vergangenen Jahren sei zu wenig gebaut worden, und es bestehe ein enormer Nachholbedarf, insbesondere in den sogenannten "big seven", also Hamburg, Berlin, Frankfurt, Stuttgart, München, Düsseldorf und Köln; ansonsten würden die Preise weiter steigen.

Für 2015 rechnet Hendricks mit 270 000 fertiggestellten Wohnungen - dies wäre der höchste Stand seit elf Jahren. Den Berechnungen zufolge beläuft sich der Bedarf an Neubauten bis 2030 durchschnittlich auf 230 000 Wohnungen im Jahr und bis zum Jahr 2020 auf circa 272 000 jährlich. Danach werde die Nachfrage leicht sinken: von 2020 bis 2025 auf etwa 229 000 pro Jahr und von 2025 bis 2030 auf 180 000 Wohnungen.

Weiter sagte die Bundesbauministerin, dass man in den vergangenen Jahren erlebt habe, dass die Bevölkerung oft keine Akzeptanz für Neubauten in ihrem Quartier zeige; sie wolle um Verständnis werben, etwa mit einer Kampagne. Neubau führe schließlich auch zu besseren Energie-Bilanzen und mehr Wohnungen, die von vorneherein altersgerecht und barrierefrei gebaut würden. "Wir alle profitieren davon, wenn es ausreichend Wohnungen gibt."

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