EU-Finanzpolitik:Schäuble will europäischen Währungsfonds

Er habe Kanzlerin Merkel davon überzeugt, Rettungsprogramme künftig ohne den IWF zu bestreiten.

Von C. Gammelin und C. Hulverscheidt, Washington

Von der Pleite bedrohte Euro-Staaten sollen in Zukunft allein von den Partnerländern der Währungsgemeinschaft gerettet werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte am Donnerstag bei einem Auftritt in Washington, er habe Kanzlerin Angela Merkel davon überzeugt, künftig auf ein Mitwirken des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu verzichten. "Ich denke, dass es Zeit ist, dass wir, wenn nötig, das nächste Kreditprogramm alleine bestreiten", sagte Schäuble. Der IWF sei mittlerweile offensichtlich "müde, den Europäern zu helfen".

Setzt die Bundesregierung die Ankündigung tatsächlich um, wäre das ein Bruch mit sieben Jahren deutscher Euro-Rettungspolitik. Vor allem Merkel hatte die Hilfszusagen der Euro-Partner für Länder wie Griechenland und Irland stets an die Bedingung geknüpft, dass sich der IWF an der Finanzierung und Überwachung der vereinbarten Reformprogramme beteiligt. Ziel der Kanzlerin war dabei, die Glaubwürdigkeit der Programme zu erhöhen, den finanziellen Beitrag Deutschlands zu begrenzen und die Zustimmung großer Teile der Unionsbundestagsfraktion zu sichern.

Die Zusammenarbeit mit dem IWF brachte mehr Probleme als Nutzen

Schäuble hatte hingegen zunächst argumentiert, die Europäer müssten in der Lage sein, sich selbst zu helfen. Er fügte sich schließlich Merkels Wünschen, sah sich jedoch in den Folgejahren in seiner Auffassung bestätigt, dass die Zusammenarbeit mit dem IWF mehr Probleme schafft als Nutzen stiftet. So gerierte sich der Fonds zwar ganz im deutschen Sinne als scharfer Reformüberwacher, sprach sich andererseits aber im Fall Griechenlands dafür aus, die Umbaubemühungen des Landes durch einen großzügigen Schuldenschnitt zu begleiten. Das hätte für Deutschland bedeutet, dass ein großer Teil der nach Athen geflossenen Milliardenkredite verloren gewesen wäre. Dieses Eingeständnis hatte Bundeskanzlerin Merkel immer vermeiden wollen.

Angesichts der seit Monaten andauernden Querelen über Griechenland gelang es Schäuble aber offenbar nun, Merkel von einer Kehrtwende zu überzeugen. "Es hat einige Zeit gedauert, aber es ist gelungen", sagte er. Der Minister kündigte an, den Euro-Rettungsfonds ESM zügig zu einem Europäischen Währungsfonds auszubauen. Der ESM ist bisher allein dafür zuständig, für politisch beschlossene Hilfsprogrammen das notwendige Geld auf den Finanzmärkten zu besorgen. In Zukunft soll der Fonds nach dem Willen Schäubles auch die Haushalte der Eurostaaten überwachen und Reformen vorschlagen können.

Am laufenden Hilfsprogramm für Griechenland soll sich der IWF aber noch beteiligen. Es umfasst insgesamt 86 Milliarden Euro und läuft bis zum Jahr 2018. Die Verhandlungen über ein Mitwirken des IWF laufen schon seit beinahe zwei Jahren, bisher sieht der Fonds aber die Bedingungen für ein Mitmachen als nicht erfüllt an. Wolfgang Schäuble gab sich optimistisch, dass Griechenland bald wieder selbst Geld auf den Finanzmärkten werde leihen können. Wenn Athen "wenigstens die Hälfte oder noch ein bisschen mehr" der angekündigten Reformen umsetze, werde das Land wieder eigenständig wirtschaften können.

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