Widerstand gegen Koalitionspläne:Kassen wollen Gesundheitsreform kippen

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Die Verbände planen eine Kampagne gegen die geplante Reform. Die Botschaft: Die Gesundheitsversorgung werde dadurch "teurer, schlechter und unsicherer".

Andreas Hoffmann

Die gesetzlichen Krankenkassen wollen mit einer Kampagne gegen die von Union und SPD geplante Gesundheitsreform vorgehen.

Wie aus internen Unterlagen hervorgeht, zielt der Plan darauf, "die Politik über entsprechende Öffentlichkeitsaktivitäten zur Rücknahme der wesentlichen Punkte" der Reform zu bewegen, heißt es in einem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Botschaft der Kampagne: "Diese Gesundheitsreform bringt keinen Nutzen, sie führt im Gegenteil dazu, dass die Gesundheitsversorgung teurer, schlechter und unsicherer wird."

Die Kassen haben sich bereits auf mehrere Aktionen verständigt. Geplant sind politische Veranstaltungen, Pressekonferenzen und Mailingaktionen. In der Sommerpause wollen Kassenfunktionäre mit Bundespolitikern reden, zugleich sollen aber auch die "Bundestagsabgeordneten in den Ländern angesprochen und mobilisiert werden", heißt es.

Dazu wollen die Verbände für die jeweiligen örtlichen Aktionen Muster-Veranstaltungskonzepte, Textbausteine, Musterreden und -präsentationen sowie Pressemappen bereitstellen. Ein Projektteam soll das Vorhaben koordinieren. Zudem erwägen die Kassen, Unterschriften zu sammeln, möglich seien auch Postkartenaktionen und ein Internetvoting. Unklar ist, wie viel die Kampagne kosten soll. In Kassenkreisen heißt es, dies sei noch offen.

Die Kassen befürchten eine stärkere Anhebung der Beiträge

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kritisierte die Kampagnen-Pläne. Ein Sprecher ihres Ministeriums sagte, die Kassen hätten "kein allgemeinpolitisches Mandat", sondern seien als Körperschaften des öffentlichen Rechts "im weiteren Sinne Teil des Staates". Die Kassen hätten die "Entscheidungen des Gesetzgebers zu akzeptieren". Schmidt habe Vertreter der Kassen für Anfang August zu einem Gespräch in ihr Ministerium einbestellt, hieß es.

Die geplante Gesundheitsreform wird bei den Kassen vieles ändern. So soll etwa ein Gesundheitsfonds entstehen, in den die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern fließen. Aus dem Fonds sollen die Kassen dann ihr Geld erhalten. Damit würden nicht mehr die Kassen selbst über ihre Beiträge entscheiden, sondern Politiker und der Fonds. Mit dem Nebeneinander von sieben Kassenverbänden soll es ebenfalls vorbei sein. Künftig soll es nur einen Spitzenverband auf Bundesebene geben. Viele Funktionäre verlören dadurch ihre Posten.

Die Kassen befürchten, dass sie viel stärker die Beiträge anheben müssen, als die Politiker vorhersagen. Der Sprecher des AOK-Bundesverbandes, Udo Barske, bekräftigte, dass es nicht reiche, wie beschlossen den Durchschnittssatz um 0,5 Prozentpunkte auf 14,7 Prozent des Bruttolohns anzuheben.

Dadurch würden nur fünf Milliarden Euro mehr eingenommen. Nötig seien aber zehn Milliarden Euro, weil das erwartete Defizit bei sieben Milliarden Euro liege und drei Milliarden Euro Schulden abgebaut werden sollten. Barske versuchte, die Kassen-Kampagne zu relativieren. Es seien keine Plakate oder Werbemittel geplant, man wolle nur über die Reform informieren.

© SZ vom 19.07.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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