Widerstand gegen Pläne Griechenlands:EU-Ratspräsident warnt vor Zugeständnissen an Athen

"Wir verlangen, dass die Griechen ihre Zusagen einhalten": In Deutschland stoßen die Forderungen der Griechen nach mehr Zeit für die Umsetzung der Sparmaßnahmen auf deutliche Ablehnung. EU-Ratspräsident Van Rompuy befürchtet finanzielle Anstrengungen für die Mitgliedsstaaten. Ministerpräsident Seehofer spricht von Belastungen in Milliardenhöhe.

Wie erwartet stößt Griechenland mit der Forderung nach mehr Zeit für die Umsetzung von Sparmaßnahmen und Reformen auf Ablehnung. "Man muss berücksichtigen, dass mehr Flexibilität bei der zeitlichen Umsetzung auch mehr finanzielle Anstrengungen der Mitgliedsländer bedeutet", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy der Welt am Sonntag und kündigte an, der neuen Regierung in Athen in Bezug auf die Lockerung der Reformpflichten nicht sehr weit entgegenzukommen.

Night Views Of Parliament And City Life

Nacht in Athen: Wachen vor dem Grab des unbekannten Soldaten

(Foto: Bloomberg)

Van Rompuy warnt davor, dass mit einem größeren Zeitfenster zusätzliche Kosten für die Mitgliedstaaten verbunden seien: "Wenn die Ziele von Griechenland oder anderen Staaten unter dem Rettungsschirm verschoben werden, dann brauchen sie mehr Kredite. Und das schafft offensichtlich für einige Mitgliedsländer Probleme." Wenn Spanien mehr Flexibilität gegeben werde beim Abbau des Defizits bis 2014, dann habe das keine direkten Auswirkungen auf die anderen Euro-Staaten, argumentiert Van Rompuy.

"Wir müssen die Krise in kurzfristiger Hinsicht managen"

Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hingegen hatte eine "Aktualisierung" der Vereinbarung mit Griechenland über die benötigten Spar- und Reformmaßnahmen angedeutet. Die sogenannte Gläubiger-Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank soll am Montag nach Athen zurückkehren, um mit der neuen Regierung die nächsten Schritte bei der Umsetzung des Sparprogramms zu besprechen. Regierungsschef Antonis Samaras wird allerdings wegen einer am Samstag erfolgten Augenoperation voraussichtlich noch im Krankenhaus sein. Von seinen Genesungsfortschritten hängt ab, ob er am Donnerstag und Freitag am EU-Gipfel in Brüssel teilnehmen kann.

Den EU-Gipfel möchte Van Rompuy zudem nutzen, um die EU-Staaten auf Reformen zu verpflichten. "Man kann alle 27 Mitglieder auffordern, dass sie ihre Rentensysteme in einer bestimmten Zeit den Vorgaben gemäß reformieren", sagte er. Bisher gebe die EU-Kommission nur länderspezifische Empfehlungen. Entscheidend sei aber, die Ziele "verbindlich zu machen", sagte Van Rompuy und kündigte an, "beim EU-Rat am Donnerstag und Freitag etwas auf den Tisch legen". Langfristige Pläne für eine politische Union hätten für den Ratspräsidenten momentan keine Priorität. "Wir müssen die Krise in kurzfristiger Hinsicht managen."

Unterdessen wurde bekannte, dass der neue griechische Ministerpräsident Antonis Samaras nach seiner Augenoperation vom Wochenende nicht am EU-Gipfel in der in der kommenden Woche teilnehmen kann. Das teilte die griechische Regierung am Sonntag in Athen mit. Samaras werde am Donnerstag vom Außenminister vertreten, hieß es weiter.

"Der Ball liegt bei den Griechen"

Währenddessen regen sich auch in Deutschland Stimmen des Widerstands: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ermahnte Athen, die vereinbarten Spar- und Reformmaßnahmen schnell umzusetzen. Es müsse jetzt "die wichtigste Aufgabe" der neuen Regierung sein, "schnell, umgehend und ohne zu zögern das vereinbarte Programm umzusetzen, anstatt schon wieder zu fragen, was denn die anderen noch mehr tun könnten", sagte Schäuble. "Der Ball liegt bei den Griechen, sie haben es in der Hand, dass die Bürger Europas wieder Vertrauen schöpfen können."

Bundeskanzlerin Merkel lehnt eine Lockerung der Auflagen bisher ab. Auch CSU-Chef Horst Seehofer sprach sich deutlich gegen Zugeständnisse aus: "Ich sehe in dem Spiel auf Zeit keinen Sinn", sagte der bayerische Ministerpräsident der Bild am Sonntag, "für Deutschland bedeutet das Mehrbelastungen in Milliardenhöhe. Wir verlangen, dass die Griechen ihre Zusagen einhalten."

Michelbach stellt Reformwillen Griechenlands infrage

Der Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach, wies die Forderung der neuen griechischen Regierung nach den Änderungen des Sparprogramms ebenso zurück. Griechenlands anhaltende Probleme seien nicht durch übermäßig strenge Auflagen verursacht, sondern durch die praktische Untätigkeit der politisch Verantwortlichen, behauptet Michelbach. Griechenland habe immer wieder Reformzusicherungen abgegeben, den Beschlüssen seien aber zu selten Taten gefolgt. "Auch jetzt hat man immer noch nicht den Eindruck, dass es Athen einen einheitlichen und konsequenten Reformwillen gibt", sagte Michelbach. Die von Athen verlangte Streckung der Reform- und Sparauflagen um zwei Jahre bezeichnete er als "zwei weitere Jahre faktischer Unfähigkeit".

In einer Erklärung hatte die griechische Regierung angekündigt, Teile des vereinbarten Sparpaktes verändern zu wollen und eine zeitliche Streckung der Sparauflagen auf mindestens zwei Jahre gefordert. Die Regierung wolle zudem die Entlassung von festangestellten Staatsdienern vermeiden und stattdessen durch den Abbau von Bürokratie sparen. Des Weiteren strebt Athen eine Erhöhung des im Zuge der Reformen reduzierten Arbeitslosengeldes an. Das veröffentlichte Dokument betont auch den Willen Griechenlands, "den europäischen Kurs des Landes" beizubehalten und "seinen Verbleib in der Eurozone" nicht zu gefährden.

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