Wetterturbulenzen:Klimawandel im Weinberg

Kerzen gegen Frostschäden bei Blüten

MIt 180 Wachskerzen versucht ein Obstlandwirt in Norsingen (Baden-Württemberg) die empfindlichen Blüten seiner Pfirsichbäume vor dem Frost zu schützen.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Was die Erderwärmung mit den Frostschäden zu tun hat, die die Erträge im Obst- und Weinanbau dezimieren.

Von Tina Baier

Für Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist klar, wer schuld ist an den Verlusten der Wein- und Obstbauern in Baden-Württemberg: der Klimawandel. Das ist nicht falsch, aber es ist nicht der einzige Grund. Die Schäden sind entstanden, weil zwei Faktoren ungünstig zusammengekommen sind: Starker Frost relativ spät im Jahr - genauer gesagt in den Nächten vom 19. bis 21. April - ist auf Pflanzen getroffen, die bereits früh im Jahr angefangen hatten auszutreiben und zu blühen.

"Das eine hat nichts mit dem Klimawandel zu tun, das andere dagegen schon", sagt Hans Helmut Schmitt, Agrarmeteorologe beim Deutschen Wetterdienst. Dass es Mitte und auch Ende April noch schneit und die Temperaturen in den Nächten unter null Grad Celsius fallen, liegt nach Einschätzung Schmitts durchaus im Bereich des Normalen. Auch dass der Frost diesmal nicht, wie meist um diese Jahreszeit, nur knapp unter null lag, sondern deutlich darunter. "Es ist für unsere Breiten normal, dass die Klimavariabilität, also die Schwankungen von Jahr zu Jahr, sehr groß sind", sagt Schmitt.

Auch deshalb ist es so schwierig zu ermitteln, welche Effekte auf den Klimawandel zurückzuführen sind und welche nicht. Das gelingt nur, wenn man längere Zeiträume miteinander vergleicht. 30 Jahre gelten dabei als Standard; Klimaforscher arbeiten oft mit den Zeitspannen von 1961 bis 1990 und von 1991 bis 2010. Bei solchen Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Erwärmung des Klimas die Vegetationsperiode nach vorne verschoben hat. Einfacher gesagt: Weil es wärmer wird, fangen die Pflanzen früher im Jahr an zu wachsen und zu blühen. Und zwar im Vergleich zum Beginn der Neunzigerjahre um etwa zehn Tage. "Das ist eine wissenschaftlich erwiesene Tatsache", sagt Schmitt.

Anfangs haben sich die Weinbauern sogar darüber gefreut, weil die Qualität ihrer Trauben dadurch besser geworden ist. Der Nachteil ist, dass früher im Jahr auch das Risiko kalter Frostnächte größer ist.

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