In ihrer wachsenden Ungeduld verfahren die westlichen Kriegsmächte mit dem libyschen Diktator wie mit einer Zwiebel: Lage um Lage wird die schützende Haut um Muammar al-Gaddafi freigelegt, in der Hoffnung, am Ende zum Kern des Problems zu gelangen. Und weil die Augen schon gewaltig tränen nach der langen Schäl-Aktion, gerät die Arbeit an der Zwiebel immer hektischer.
Gerade hat die britische Regierung libysche Diplomaten ausgewiesen, den Rebellenrat in Bengasi als rechtmäßige Regierung anerkannt und von dort einen Repräsentanten angefordert. Der soll in das Botschaftsgebäude einziehen, das bisher von der libyschen Gaddafi-Regierung benutzt wurde. Die vermutlich acht Diplomaten sollen das Gebäude und das Land verlassen. Damit verfährt die Regierung in London ähnlich wie jene in Paris oder Berlin.
Die Rebellen werden anerkannt, Gaddafi wird delegitimiert, in der Hoffnung, dass damit der innere Halt für den Diktator in Libyen mehr und mehr zerfällt. Vorgestern noch wurde dem "Bruder Führer" in Aussicht gestellt, er dürfe auch in Libyen bleiben, solange er endlich die Finger von der Macht lasse.
All dem haftet ein Hauch von Verzweiflung an. Die Übergabe einer Botschaft an die Rebellen ist ein ungewöhnlicher Akt, der völkerrechtliche Fragen aufwirft und die Unantastbarkeit dieser Gebäude beschädigt. Das können die Briten auch im eigenen Interesse nicht wollen. Und wer Gaddafi Exil im eigenen Land in Aussicht stellt, verhöhnt den Internationalen Gerichtshof, der diesen Mann doch per Haftbefehl sucht.
Wenige Stunden vor Beginn des Ramadan wird die Zwiebel immer hektischer bearbeitet. Nur der Kern lässt sich nicht finden.