Westjordanland:Oberstes Gericht beschließt Aus für illegale Siedlung

Es ist die älteste und größte illegale Siedlung im Westjordanland: Nun hat Israels Oberster Gerichtshof die baldige Räumung des jüdischen Außenpostens Migron bestätigt - und erklärt damit auch ein Abkommen von Ministerpräsident Netanjahu für nichtig.

Die älteste und größte illegale jüdische Siedlung im Westjordanland muss geräumt werden. Das Oberste Gericht in Israel lehnte einen Antrag auf Aufschub des Abrisses bis 2015 als "absolut unangemessen" ab. Die Einhaltung der Gesetze müsse gewährleistet werden, heißt es in der Entscheidung des Gerichtshofs vom Sonntag. Eine Fristverlängerung um vier Monate geschehe lediglich aus Rücksichtnahme auf den Schulbesuch der in der Siedlung Migron lebenden Kinder.

Jüdischer Siedler in Migron

Jüdischer Siedler in Migron: Das Oberste Gericht in Israel hat nun die Räumung der illegalen Siedlung beschlossen.

(Foto: REUTERS)

Das Gericht hob mit seiner Entscheidung ein Abkommen zwischen der israelischen Regierung und den Bewohnern von Migron auf. Dieses sah vor, dass die Bewohner von Migron bis November 2015 freiwillig in Neubauten umziehen, die ihnen in zwei Kilometern Entfernung zur Verfügung gestellt werden sollen. Noch Anfang des Monats hatte die Regierungskoalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Richter gebeten, die Siedler weitere drei Jahre dort wohnen zu lassen.

Netanjahu erklärte, seine Regierung werde die Gerichtsentscheidung umsetzen. Die national-religiöse Partei (Habait Hajehudi) drohte nach Rundfunkberichten mit einem Ausscheiden aus der Regierung, wenn Migron geräumt werden sollte.

Die Friedensorganisation Peace Now, die die juristischen Verfahren mit dem Ziel der Räumung unterstützt hatte, begrüßte den Richterspruch. Man erwarte von den Siedlern, "ihr Wort zu halten und friedlich abzuziehen", sagte der Vorsitzende der Organisation, Jariv Oppenheimer. Die israelische Staatsanwaltschaft und die Einwohner von Migron hatten sich zuvor auf die friedliche Auflösung der Siedlung geeinigt. In der Vergangenheit reagierten radikale jüdische Siedler allerdings häufig mit Gewalt auf Zwangsräumungen nicht genehmigter Außenposten.

Jüdische Siedler hatten Migron vor mehr als zehn Jahren ohne Genehmigung auf privatem palästinensischen Grund etwa 15 Kilometer nördlich von Jerusalem errichtet. Derzeit leben dort etwa 50 jüdische Familien.

Israel kritisiert Menschenrechtsrat als "absurdes Theater"

Eine Untersuchung der israelischen Siedlungspolitik durch den UN-Menschenrechtsrat will Israel boykottieren. Sein Land wolle die Zusammenarbeit einstellen, kündigte Außenminister Avigdor Lieberman im staatlichen Rundfunk an. "Dieser heuchlerische Organismus hat überhaupt nichts mit den Menschenrechten zu tun. Er ist parteiisch und nicht objektiv." Die Sitzungen des Rats seien "absurdes Theater". Lieberman kündigte an, dass seine Regierung unter anderem die USA auffordern wolle, den Rat zu verlassen. Israel ist nicht Mitglied des Menschenrechtsrats, kann sich dort aber äußern und mit dem Gremium zusammenarbeiten.

Der in Genf ansässige Rat hatte am Donnerstag erstmals eine unabhängige internationale Untersuchung zur israelischen Siedlungspolitik auf den Weg gebracht. Für eine entsprechende Resolution, die von den Palästinensern vorgelegt wurde, stimmten 36 der 47 Mitglieder des Gremiums. Dagegen votierten lediglich die USA, die anderen enthielten sich. Laut der Resolution sollen "die Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die zivilen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des palästinensischen Volks" untersucht werden.

Der Nahost-Friedensprozess liegt seit dem Abbruch der Gespräche im September 2010 auf Eis. Die Palästinenser hatten sich damals aus den Verhandlungen zurückgezogen, weil Israel sich weigerte, einen Baustopp für seine Siedlungsaktivitäten in Ostjerusalem und im Westjordanland zu verlängern. Israel hatte das Westjordanland im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzt. Mehr als 300.000 Israelis leben dort in Siedlungen, die nach Ansicht der internationalen Gemeinschaft nicht legal sind. Israel unterscheidet zwischen Siedlungen, die mit Genehmigung der Regierung gebaut wurden, und illegalen Außenposten.

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