Westerwelle und Niebel:Gemeinsam durch Afrika

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Zwei Minister, eine gemeinsame Reise, nichts Besonderes? In diesem Fall doch: Die Behörden von Außenminister Westerwelle und Entwicklungshilfeminister Niebel verbindet eine jahrelange Rivalität.

Daniel Brössler

Es hätte ein schöner Tag werden können in St. Petersburg. Zum Abschluss eines Russland-Besuches machte sich die Reisegesellschaft des Außenministers, der damals noch Frank-Walter Steinmeier hieß, auf den Weg zur Besichtigung der Zarenresidenz Zarskoje Selo.

Man war noch nicht angekommen beim prächtigen Schloss, da erreichte den Minister eine Agenturmeldung aus Berlin: Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul werde den Dalai Lama empfangen. Steinmeier kochte. Er selbst hatte mit Rücksicht auf die Beziehungen zu Peking ein Treffen mit dem geistlichen Führer der Tibeter abgelehnt; von der Entscheidung der Entwicklungshilfeministerin hatte er nichts gewusst.

Steinmeier ließ entnervt wissen, das Treffen mit dem Dalai Lama gefährde seine stillen Bemühungen um einen Dialog zwischen der Führung Chinas und den Tibetern. Das Thema eigne "sich nicht für innenpolitische Winkelzüge".

Die herzliche Abneigung der beiden SPD-Minister war legendär. Wenn Wieczorek-Zeul auf Steinmeiers Reisen zugegen war, dann nur - wie vor zwei Jahren in Russland - als Schreckgespenst. Insofern geschieht an diesem Mittwoch Bemerkenswertes, wenn ein Airbus der Flugbereitschaft mit Kurs auf Afrika in Berlin-Tegel abhebt. An Bord werden die Minister des Auswärtigen und für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Guido Westerwelle und Dirk Niebel (beide FDP), sitzen.

In den Annalen des Außenministeriums ist kein Präzedenzfall verzeichnet, nie zuvor waren Außen- und Entwicklungshilfeminister als Duo unterwegs. "Nicht hoch genug einzuschätzen" sei diese Premiere, heißt es aus dem Auswärtigen Amt.

In der Tat gehört die Rivalität beider Ministerien zur Politik-Folklore der Bundesrepublik. Ursprünglich war die Entwicklungshilfe von verschiedenen Ministerien und maßgeblich auch vom Auswärtigen Amt betreut worden. Ein eigenes Ministerium dafür wurde erst 1961 gegründet, erkennbar mit der Absicht, für den kleineren Koalitionspartner FDP ein Ressort mit internationalem Gepräge zu schaffen. Erster Minister war der spätere Außenminister und Bundespräsident Walter Scheel (FDP).

Die Angst der Diplomaten, Kompetenzen zu verlieren, und die Furcht der Entwicklungshelfer, bevormundet zu werden, trübt traditionell das Verhältnis beider Häuser. Unverträglichkeiten an der Spitze haben das noch verstärkt. Die FDP, die das Entwicklungshilfeministerium ursprünglich abschaffen wollte, ist nun zumindest angetreten, die Konkurrenz zu beseitigen.

Westerwelle und Niebel haben schon gemeinsame Presseerklärungen, etwa zum Recht auf Wasser, herausgegeben, sind nach dem Erdbeben in Haiti gemeinsam vor Kameras getreten - und reisen nun eben zusammen nach Südafrika, Tansania und Dschibuti. Nach den Aufregungen um Westerwelles Reisegesellschaften und Niebels Umstrukturierungen geht es darum, positive Nachrichten zu setzen. Mit vereinten Kräften soll das gelingen.

© SZ vom 07.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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