Westafrika:Zum Beispiel Gambia

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Die Nachbarländer hätten das Treiben des Diktators des winzigen Landes ignorieren können. Doch sie mischen sich ein, um dort Demokratie und Rechtsstaat durchzusetzen. Das zeigt, wie viel sich in der Region in letzter Zeit geändert hat. Westafrika macht Hoffnung - für den ganzen Kontinent.

Von Isabel Pfaff

Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme: Der Leitsatz ist bald 20 Jahre alt, er begleitete die Gründung der Afrikanischen Union (AU) 2001 und sollte einen Anfang markieren. Die Gründerstaaten wollten den Krisen auf dem Kontinent nicht mehr hilflos zusehen, sie wollten nicht mehr darauf warten, bis der Westen Truppen schickt und auf unbekanntem Gebiet herumstolpert. Sie wollten selbst, als starker Staatenbund und im Einklang mit den Prinzipien der Vereinten Nationen, für Frieden, Demokratie und Wohlstand sorgen.

Geschafft haben sie das in den wenigsten Fällen. In der Elfenbeinküste waren 2011 Truppen aus Frankreich nötig, um den abgewählten Präsidenten zu entmachten und festzunehmen. In Burundi ließ die AU einfach zu, dass sich der Präsident 2015 ein verfassungswidriges drittes Mal wählen ließ und seither seine Gegner massakriert. Und im Kongo lief im Dezember die letzte erlaubte Amtszeit des Staatschefs Joseph Kabila aus. Doch niemand hinderte ihn daran, einfach im Amt zu bleiben und gewaltsam gegen Demonstranten vorzugehen - nicht die Nachbarstaaten, nicht die AU.

Vor diesem Hintergrund ist es fast spektakulär, was gerade in Gambia passiert ist: In dem winzigen westafrikanischen Staat wollte der abgewählte Amtsinhaber und Diktator Yahya Jammeh nicht von der Macht lassen - und rief damit fast alle seine Kollegen in Westafrika auf den Plan. Seit der Wahlniederlage Jammehs Anfang Dezember bemühten sich die Präsidenten des Staatenbundes Ecowas mit Unterstützung der Afrikanischen Union, den Diktator auf diplomatischem Weg zum Abtreten zu bewegen. Zunächst ohne Erfolg - weshalb sich die Staaten parallel dazu auf eine militärische Intervention vorbereiteten. Diese Woche lief Jammehs Amtszeit aus, sein gewählter Nachfolger legte in Gambias Botschaft in Senegal den Amtseid ab, und der UN-Sicherheitsrat stimmte einem Einsatz der Ecowas-Truppen zu. Senegalesische Soldaten überquerten daraufhin die Grenze zum Nachbarland. Schließlich zeichnete sich am Freitagabend ab, dass Jammeh, von der eigenen Armee und Gefolgsleuten verlassen, seinem Rückzug zustimmen könnte. Was die Staatschefs der Ecowas-Länder in Gambia getan haben, ist afrikanische Friedensarbeit im besten Sinne. Sie setzten sich nicht nur für den demokratisch gewählten Kandidaten und damit für den Rechtsstaat ein, sondern haben auch immer wieder bewiesen, dass sie die Krise lieber diplomatisch als militärisch lösen wollten. Noch in der Nacht auf Freitag stoppten sie ihre Truppen, um einen letzten Vermittlungsversuch zu wagen. Und: Die Soldaten setzten sich erst in Bewegung, als der Sicherheitsrat in New York seine Zustimmung gab. Westafrika hat in Gambia politische Verantwortung übernommen. Das hat zwar auch mit Gambias praktisch nicht existenter internationaler Bedeutung zu tun: Keine ausländische Macht verfolgt in dem kleinen, armen Land irgendwelche Interessen. So fällt geschlossenes Auftreten leicht - unter den Afrikanern genauso wie im Sicherheitsrat.

Doch aus genau demselben Grund hätten Jammehs Kollegen auch einfach beide Augen zudrücken können. Ohne ihre Initiative hätte sich wohl auch der UN-Sicherheitsrat nicht mit Gambia befasst. Aber Westafrikas Staatschefs stehen für eine neue Generation von Politikern, die meisten von ihnen sind auf demokratischem Weg ins Amt gekommen, oft als Kandidaten der Opposition. Sie legen Wert auf das Einhalten demokratischer Regeln. Das bleibt, trotz allem, die gute Nachricht.

© SZ vom 21.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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