Wegen schwerer Fehler im Libanon-Krieg:Rebellion gegen Israels Premier Olmert

Israels Außenministerin Tzipi Livni hat Premier Ehud Olmert öffentlich zum Rücktritt aufgefordert. Nach einem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten kündigte sie zudem an, sich für Olmerts Posten an der Spitze der Regierungspartei Kadima zu bewerben.

Thorsten Schmitz

"Ich habe dem Ministerpräsidenten gesagt, dass ich denke, ein Rücktritt ist das Richtige", sagte Livni vor Journalisten. Die Entscheidung müsse Olmert aber selbst treffen. Die stellvertretende Regierungschefin sprach sich zudem gegen Neuwahlen aus. Die Rücktrittsforderung erhöht den Druck auf Olmert, Konsequenzen aus der vernichtenden Kritik einer Untersuchungskommission am Libanonkrieg zu ziehen.

Wegen schwerer Fehler im Libanon-Krieg: Massiv unter Druck: Israels Regierungschef Ehud Olmert

Massiv unter Druck: Israels Regierungschef Ehud Olmert

(Foto: Foto: AP)

Auch Kadima-Fraktionschef Avigdor Itzchaki verlangte am Mittwoch Olmerts Rückzug. Nur dann sei Kadima wieder ,,eine rechtmäßige Regierungspartei''. Der Premier verfüge nicht mehr über das Vertrauen der Bevölkerung. Mitarbeiter Olmerts hatten vor dessen Treffen mit Livni die Außenministerin scharf kritisiert. Sie plane einen Sturz des Premiers.

Olmert lehnte trotz des zunehmenden Drucks erneut einen Rücktritt ab. Zu Beginn einer Kabinettssitzung, die sich mit dem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht zum Libanonkrieg befasste, räumte Olmert ein, der Report laste ihm und seiner Regierung schwere Versäumnisse an. Es werde darin aber auch die Korrektur der Fehler gefordert. Er wolle daher nicht zurücktreten, sondern die Empfehlungen der Kommission umsetzen. Am späten Mittwochnachmittag wollte sich auch die Kadima-Fraktion mit dem Bericht befassen.

Medien: Verteidigungsminister Peretz vor Rücktritt

An seine Kritiker gewandt sagte Olmert, diese sollten ,,langsam machen'' bei dem Versuch, aus der Regierungskrise Profit zu schlagen. Livni hatte bereits in den ersten Tagen des Libanonkriegs angeregt, diesen zu beenden und diplomatischen Initiativen den Vorzug zu geben. Erklärtes Kriegsziel war die Entwaffnung der Hisbollah-Miliz und die Freilassung zweier in den Libanon verschleppter israelischer Soldaten gewesen. Beide Ziele wurden nicht erreicht.

Medien berichteten zudem, dass Verteidigungsminister Amir Peretz einen Rücktritt erwäge. Auch ihm werden in dem Zwischenbericht schwere Versäumnisse vorgeworfen und die Unfähigkeit attestiert, zugleich Ministerium und Armee zu führen.

Schusssichere Westen auf eigene Kosten

Peretz hatte bereits vor einer Woche erklärt, er werde sein Amt nach den Parteivorsitzwahlen Ende Mai abgeben. Sollte er wiedergewählt werden, strebt Peretz das Amt des Finanzministers an. Umfragen zufolge jedoch wird der frühere Premierminister Ehud Barak zum neuen Vorsitzenden der Arbeitspartei gewählt werden. Der frühere Armee-Chef strebt das Amt des Verteidigungsministers an.

Das Kabinett folgte am Mittwoch der Empfehlung des Berichts und beschloss die Einrichtung einer Arbeitsgruppe unter Führung des früheren Armee-Chefs Amnon Lipkin-Schachak. In dem Bericht wurde Olmert ,,schwerwiegendes Versagen'' vorgeworfen. Er sei ,,übereilt'' in einen Krieg gegen die Hisbollah-Miliz gezogen, ohne einen strategischen Plan zu haben und ohne Prüfung von Alternativen. Die Armee sei auf einen Krieg nicht vorbereitet gewesen.

Soldaten hatten mitten im Krieg wegen mangelnder Ausstattung protestiert: Sie hätten auf eigene Kosten schusssichere Westen kaufen müssen und nur veraltete Landkarten des Libanon zur Verfügung gestellt bekommen. Der Bericht empfahl unter anderem die Einrichtung eines Krisenstabes. Im fünfwöchigen Libanonkrieg waren 1200 Libanesen und 160 Israelis getötet worden.

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