Beihilfe zu Buback-Mord:Gericht verurteilt Ex-RAF-Terroristin Verena Becker

Schuldspruch nach fast 100 Tagen Prozess: Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker wegen Beihilfe zum Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zwei Jahre und sechs Monate gelten als bereits vollstreckt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker wegen Beihilfe zum Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback 1977 schuldig gesprochen. Die Richter verurteilten die heute 59-Jährige am Freitag zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Davon gelten laut Gericht zweieinhalb Jahre Haft wegen eines früheren Haftaufenthalts von Becker bereits als verbüßt.

Nach Überzeugung des Senats hat die damalige RAF-Terroristin die Entscheidung, Buback und seine zwei Begleiter zu töten, im Beisein der späteren Täter unterstützt und die Täter in ihrer Entscheidung "wissentlich und willentlich" beeinflusst. Darüber hinaus habe jedoch nicht nachgewiesen werden können, dass Becker an der Tatausführung und an sonstigen Vorbereitungen beteiligt war, sagt der Vorsitzende Richter Hermann Wieland.

Die Bundesanwaltschaft hatte im Vorfeld viereinhalb Jahre gefordert. Zwei Jahre davon sollten wegen ihrer früheren Verurteilung zu lebenslanger Haft als bereits vollstreckt gelten. Die Behörde war jedoch von ihrem ursprünglichen Anklagevorwurf der Mittäterschaft abgerückt. Die Anklage hält Becker nicht für die Todesschützin.

Die Verteidigung hatte einen Freispruch für Becker beantragt. Die Angeklagte hatte in einer vor Gericht verlesenen Erklärung die Beteiligung an dem Attentat auf Buback und seine zwei Begleiter am Gründonnerstag 1977 sowie dessen Vorbereitung abgestritten. Bei dem Terroranschlag kamen Buback und seine beiden Begleiter ums Leben.

Durch "nichts zu rechtfertigende Unverfrorenheit"

Nebenkläger Michael Buback, der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts, hatte kein explizites Strafmaß für Becker gefordert - obwohl er davon ausgeht, dass Becker die tödlichen Schüsse auf seinen Vater abfeuerte. Er begründete dies unter anderem damit, dass ihr wahrer Tatbeitrag wegen "unfassbarer Ermittlungspannen" nicht habe aufgeklärt werden können. Zudem vertrat er in dem Prozess die These, dass der Verfassungsschutz eine "schützende Hand" über die frühere Terroristin gehalten habe.

Der Nebenkläger hatte gesagt, er wisse, was am 7. April 1977 geschehen sei. Das Urteil sei für ihn und seine Frau daher ohne Bedeutung.

Vorwürfe gegen die Ermittler

Im Verlaufe des Prozesses war es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Michael Buback und der Bundesanwaltschaft gekommen. So warf Buback den Ermittlungsbehörden "gravierende Mängel" bei der Aufklärung des Verbrechens und "zahlreiche systematische Eingriffe" in die Ermittlungen vor. Bundesanwalt Walter Hemberger bezeichnete die Vorwürfe daraufhin als eine durch "nichts zu rechtfertigende Unverfrorenheit".

Der Bruder des Mordopfers, der in dem Prozess ebenfalls als Nebenkläger auftrat, forderte eine lebenslange Haftstrafe für Becker. Sein Anwalt plädierte auf eine Verurteilung wegen Mittäterschaft.

Mit dem Urteil geht der mehr als eineinhalb Jahre dauernde Prozess zu Ende. Seit September 2010 wurde an fast 100 Sitzungstagen gegen die ehemalige Terroristin verhandelt. Es wurden 165 Zeugen vernommen.

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