Wege aus der Krise:Was bringt was?

Glaubt man den Hiobsbotschaften, steht den Bürgern das Wasser bis zum Hals. Politiker diskutieren verschiedene Rettungsvorschläge. Doch was hilft? Die SZ wagt, Urteile zu fällen.

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Wege aus der Krise:Einkommenssteuer senken

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Quelle: SZ

Einkommenssteuer senken

Glaubt man Union und FDP, ist eine Senkung der Einkommensteuer das Mittel schlechthin. Tatsächlich jedoch würde solch ein Schritt 24 Millionen Bürgern nichts bringen. Denn Rentner, Studenten, Arbeitslose und viele Familien mit niedrigen Einkommen unterliegen nicht der Steuer. Eine Reform, wie sie Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) vorschlägt, wäre zudem teuer: Es würde 25 Milliarden Euro kosten, den Grundfreibetrag zu erhöhen und den Steuertarif bei den niedrigeren und mittleren Einkommen abzusenken. Ob aber die Leute das Geld, das sie bei der Steuer sparen, tatsächlich auch ausgeben, ist keineswegs sicher - schon gar nicht bei jenen, die ohnehin viel verdienen. Ein weiteres Problem: Bis solch eine Reform umgesetzt wäre, würde mindestens ein halbes Jahr vergehen. Denn die Kosten müssten sich Bund, Länder und Kommunen teilen. Streit im Bundesrat wäre da programmiert.

Text: Ulrich Schäfer

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Wege aus der Krise:Mehrwertsteuer senken

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Quelle: SZ

Mehrwertsteuer senken

Vor zwei Jahren hat die Bundesregierung die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte erhöht. Geschadet hat dies der Konjunktur insgesamt recht wenig. Im Jahr 2007 legte Deutschlands Wirtschaft um 2,5 Prozent zu - weit mehr als sonst üblich. Gewiss, es gab in einzelnen Branchen zeitweise starke Einbrüche. So kauften viele Bundesbürger Ende 2006 noch schnell ein Auto, ehe die Mehrwertsteuer angehoben wurde; entsprechend weniger setzten die Händler in der ersten Hälfte des Jahres 2007 um. Umgekehrt bedeutet dies allerdings auch: Eine Senkung der Mehrwertsteuer, wie sie nun in Großbritannien beschlossen wurde, brächte in Deutschland relativ wenig. Eine Hose für 99 Euro kostet dann künftig vielleicht nur noch 97 Euro. Zudem wäre auch die Senkung der Mehrwertsteuer angesichts dessen, was damit erreicht wird, relativ teuer. Ein Prozentpunkt we- niger kostet den Fiskus sieben bis acht Milliarden Euro.

Text: Ulrich Schäfer

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Wege aus der Krise:Gutscheine verteilen

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Quelle: SZ

Gutscheine verteilen

Mit Konsumgutscheinen könnten man jenen mehr Geld geben, die wenig verdienen: Rentnern, Studenten und Arbeitslosen, die von einer Reform der Einkommensteuer nichts hätten. Diese würden die Gutscheine vermutlich auch tatsächlich nutzen und sich etwas kaufen. Nur: Ein beträchtlicher Teil dürfte in Spielekonsolen, Flachbildschirme und andere Produkte fließen, die im Ausland produziert werden. Der Konjunkturschub käme, außer bei den Einzelhändlern, also in starkem Maße bei Herstellern in Osteuropa oder Asien an - nicht bei deutschen Unternehmen. Würden die Gutscheine an alle Bürger ausgegeben, kostet dies bei einem Wert von 250 Euro mehr als 20 Milliarden Euro. Bei einem Wert von 500 Euro, sind gar mehr als 40 Milliarden nötig. Billiger würde es, wenn Gutscheine nur bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze vergeben werden; aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ihre Wirkung verpufft.

Text: Ulrich Schäfer

Foto: dpa

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Wege aus der Krise:Mehr investieren

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Quelle: SZ

Mehr investieren

Wenn der Staat selbst Geld ausgibt, hat er relativ gut in der Hand, wohin die Milliarden fließen. Wenn er zudem in Bereiche investiert, die künftig das Wachstum erhöhen, insbesondere in die Bildung (also in Kindergärten, Schulen und Universitäten) und in die Infrastruktur (also in Verkehrswege oder Telekommunikationsnetze), kann er zudem auf eine doppelte Dividende hoffen: Die Investitionen erhöhen in dem Augenblick, in dem sie fließen, das Wachstum - und sie ermöglichen zudem, dass Deutschland auch danach stärker wachsen kann. Deshalb setzt die Bundesregierung bei ihrem zweiten Konjunkturpaket zu Recht vor allem auf dieses Mittel. Allerdings: Nicht alle Investitionen sind gleich sinnvoll. Sollen Universitäten oder Schulen renoviert werden, lassen sich die Aufträge relativ schnell vergeben - auch an lokale Baufirmen und Handwerker. Der Bau von Straßen, Schienen oder Brücken erfordert dagegen einen längeren Vorlauf.

Text: Ulrich Schäfer

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Wege aus der Krise:Solidaritätsbeitrag abschaffen

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Quelle: SZ

Solidaritätsbeitrag abschaffen

Der Solidaritätsbeitrag wird von allen Steuerzahlern gezahlt, im Westen wie im Osten. Er ließe sich relativ leicht abschaffen. Denn die Einnahmen fließen, anders als die Einkommensteuer, allein dem Bund zu - und nicht auch Ländern und Kommunen. Der Bundesrat könnte sich also solch einem Schritt nicht verweigern. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hätte aber das Problem, dass er die Abschaffung des Soli ganz alleine schultern müsste. Dies würde pro Jahr etwa 12 Milliarden Euro kosten; ohne eine höhere Kreditaufnahme wäre dies nicht zu bewältigen. Besonders wirkungsvoll wäre es, wenn Steinbrück den Solidaritätsbeitrag rückwirkend erstatten würde, etwa für die letzten sechs oder zwölf Monate. Er könnte ihn auch befristet abschaffen. Allerdings gilt hier das gleiche wie bei der Einkommensteuer: Profitieren würden nur jene Bürger, die tatsächlich Steuern zahlen. Deshalb wäre solch ein Schritt nur denkbar, wenn es für alle anderen zugleich Konsumgutscheine gäbe.

Text: Ulrich Schäfer

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Wege aus der Krise:Unternehmen höhere Abschreibungen gewähren

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Unternehmen höhere Abschreibungen gewähren

Unternehmen können ihre Kosten für den Kauf einer neuen Maschine oder den Bau einer Produktionshalle steuermindernd geltend machen. Man spricht von Absetzung für Abnutzung, kurz AfA. Wie viel Prozent vom Kaufpreis pro Jahr abgeschrieben werden dürfen, hängt von der durchschnittlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts ab. Ein Computer etwa kann schneller abgesetzt werden als ein Gebäude. Derzeit ist die AfA linear gestaltet, das heißt: Hat eine Maschine 10000 Euro gekostet und beträgt die festgelegte Nutzungsdauer fünf Jahre, kann der Besitzer pro Jahr 2000 Euro beim Fiskus geltend machen. Um Firmen zu Investitionen anzureizen, hat die Regierung beschlossen, unabhängig von der Nutzungsdauer im ersten Jahr bis zu 25 Prozent des Kaufpreises abzugsfähig zu machen. Ökonomen halten das für richtig, aber für unzureichend: Um echte Effekte zu erzielen, müsste den Firmen erlaubt werden, ausnahmsweise den gesamten Kaufpreis auf einmal von der Steuer abzuziehen.

Text: Claus Hulverscheidt

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Wege aus der Krise:Hartz-IV-Sätze erhöhen

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Quelle: SZ

Hartz-IV-Sätze erhöhen

Eine Erhöhung des ArbeitslosengeldsII hätte auf den ersten Blick viel Charme: Einerseits halten manche Experten den bisherigen Satz von 351 Euro pro Person ohnehin für zu niedrig, eine Anhebung könnte somit das sozialpolitische Profil der großen Koalition aufpolieren. Andererseits wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass Hartz-IV-Empfänger das zusätzliche Geld beinahe vollständig wieder ausgeben, weil sie sich mangels Ersparnissen viele Anschaffungen bisher nicht leisten können. Damit würde der Konsum gestützt. Dennoch ist eine Erhöhung der falsche Weg: Zum einen würden die öffentlichen Haushalte dauerhaft belastet, zum anderen ist das richtige Niveau des Hartz-IV-Satzes keine konjunktur-, sondern eine sozial- und arbeitsmarktpolitische Frage. Sie sollte somit auch nicht im Rahmen eines Konjunkturprogramms erörtert werden. Wenn man also der Meinung ist, dass der Konsum angekurbelt werden muss, sollte der Staat Langzeitarbeitslosen, Geringverdienern und Rentnern lieber eine Einmalzahlung zukommen lassen, etwa in Form eines Weihnachtsgelds. Anders als eine Steuergutschrift wäre das auch technisch kein Problem.

Text: Claus Hulverscheidt

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Wege aus der Krise:Verschrottung belohnen

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Quelle: SZ

Verschrottung belohnen

Die Autobranche leidet besonders kräftig unter der Krise. Deshalb machen sich Politiker, getrieben von den Lobbyisten der Konzerne, seit Wochen darüber Gedanken, wie sie speziell ihnen helfen können. Die Koalition hat bereits beschlossen, für eine gewisse Zeit auf die Kraftfahrzeugsteuer zu verzichten, wenn sich jemand einen Neuwagen kauft. Dies dürfte den Verkauf durchaus befördern, nützt aber vor allem den Käufern von großen, teuren Autos. Sinnvoller - und zugleich besser für die Umwelt - wäre es dagegen, wenn jeder, der ein altes Auto verschrotten lässt, eine bestimmte Prämie erhält, etwa 2000 bis 4000 Euro. Dies würde dazu führen, dass insbesondere alte Dreckschleudern aus dem Verkehr verschwinden, die die Luft besonders stark verpesten. Solch eine Maßnahme würde also nicht nur der Autoindustrie nutzen, sondern gerade auch Bürgern mit geringen Einkommen, die tendenziell eher kleinere, ältere Autos fahren.

Text: Ulrich Schäfer

Foto: AP

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