Watergate: "Deep Throat" tot:Die Quelle ist versiegt

Der Mann, den sie "Deep Throat" nannten, ist gestorben. Mark Felt hat als FBI-Vize dazu beigetragen, Präsident Nixon zu stürzen. Im Fall Watergate war er der Informant.

Barbara Vorsamer

Enttarnt hat sich "Deep Throat" eher zufällig - was kaum zu glauben ist. Denn Mark Felt, der geheime Informant des Watergate-Skandals, dessen Identität 30 Jahre lang ein eisern gehütetes Geheimnis war, war Vizepräsident des FBI - und doch verriet er sich aus Versehen.

Watergate: "Deep Throat" tot: "Deep Throat" Mark Felt (links) mit seinem FBI-Kollegen Edward S. Miller.

"Deep Throat" Mark Felt (links) mit seinem FBI-Kollegen Edward S. Miller.

(Foto: Foto: AP)

Als Felt einmal mit seiner Tochter im Fernsehen eine Dokumentation über Watergate anschaute, fragte sie sich laut: "Ob Deep Throat Nixon wohl stürzen wollte?" "Nein", sagte Felt darauf. "Ich habe nicht versucht, ihn loszuwerden, ich habe nur meine Pflicht getan."

Auf Drängen seiner Familie ging der ehemalige FBI-Vizechef kurz danach mit einem Interview in der Vanity Fair an die Öffentlichkeit und gab zu: "Ich bin der Mann, den sie Deep Throat nannten."

Diese Enthüllung war sogar für Bob Woodward und Carl Bernstein überraschend - die beiden Reporter der Washington Post, die die illegalen Machenschaften des Watergate-Skandals mit Hilfe Felts aufdeckten und so Präsident Richard Nixon zum Rücktritt zwangen. Ihr Informant war auf strikte Geheimhaltung bedacht.

Telefonkontakte zu Journalisten waren ausgeschlossen, stattdessen kommunizierte Felt mit Woodward über ein ausgeklügeltes Code-System: Hatte der Reporter Fragen, stellte er eine Fahne in das Fenster seines Apartments. Wollte der FBI-Mann antworten, schaltete dieser eine Anzeige in der New York Times - und zwar die Abbildung einer Uhr, die eine bestimmte Zeit anzeigte. Zu dieser Uhrzeit trafen sich die beiden dann in einer Tiefgarage.

Folge dem Geld

Woodward war der Schutz seines Informanten so wichtig, dass er nicht mal seinem Kollegen dessen Identität preisgab. Bernstein erfuhr erst Jahre nach Watergate, von wem die Informationen stammten. Beide hatten Felt geschworen, seinen Namen erst nach seinem Tod zu nennen.

Um so überraschender also, dass der Mann, den sie "Deep Throat" nannten, sich im Alter von 91 Jahren selbst enttarnte. Der Grund allerdings ist einfach: Geld. Seine Tochter habe ihn mit dem Argument überzeugt, dass mit seiner Geschichte einiges zu verdienen sei, sagte Felt im Vanity-Fair-Interview. Damit könne die Familie die Studiengebühren der Enkel bezahlen.

"Das ist doch ein guter Grund", fand Felt. Das Geld war es also - Thema schon im Watergate-Skandal. Der legendäre Ausspruch von "Deep Throat" hieß: "Folge dem Geld!" Heißt: Schaut euch an, welches Geld von wem wohin fließt. Das haben investigative Journalisten verinnerlicht.

Über Felts Motivation, sich überhaupt mit seinem Wissen an die Medien zu wenden, wurde seit seiner Identifizierung viel spekuliert, schließlich war er ein grundsolider FBI-Mann, loyal auch gegenüber der US-Regierung, dazu stockkonservativ. Zum Beispiel missbilligte er den Einsatz weiblicher Agenten zutiefst, ebenso wie jegliche Lockerungen des FBI-Dresscodes oder der Gewichtsnormen für Agenten.

So vermuten einige, dass er eine persönliche Rechnung mit Nixon begleichen wollte. Nach dem Abtreten des legendären FBI-Chefs J. Edgar Hoover rechnete Felt nämlich mit seiner Beförderung. Stattdessen setzte ihm das Weiße Haus den langweiligen und linientreuen Patrick Gray vor die Nase.

Felt selbst bestritt stets, dass es sich bei seiner Informatentätigkeit um eine Abrechnung handelte. "Ich bin stolz, Deep Throat gewesen zu sein", sagte er 2005. Es sei ihm darum gegangen, die illegalen Machenschaften der Nixon-Regierung aufzudecken und das FBI davor zu bewahren, mit in die Watergate-Affäre hineingezogen zu werden. Und ihm missfiel die Art und Weise, wie Nixon versuchte, das FBI zu einer Privatpolizei des Weißen Hauses zu machen.

In seiner 2005 erschienenen Autobiographie schrieb Felt: "Die Leute werden noch lange diskutieren, ob ich das Richtige getan habe oder nicht. Aber unterm Strich ist doch nur eines wichtig: Wir haben die ganze Wahrheit ans Licht gebracht. Ist es nicht das, was das FBI tun sollte?"

Am Donnerstag starb Mark Felt im Alter von 95 Jahren in Santa Rosa, Kalifornien.

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