Washington:Weißes Haus ordnet Verwaltungsstillstand an

Die Frist in den USA ist abgelaufen: Demokraten und Republikaner konnten sich nicht auf einen Übergangshaushalt einigen. Jetzt werden weite Teile der Regierung von Präsident Barack Obama lahmgelegt. Es ist der erste Stillstand der Bundesverwaltung seit siebzehn Jahren.

Der US-Kongress hat sich im Haushaltsstreit auch in den letzten Stunden vor Ablauf der Frist nicht auf ein Übergangsbudget einigen können. Jetzt werden zum neuen Fiskaljahr 2014, das an diesem Dienstag beginnt, alle "nicht notwendigen" Teile der Bundesverwaltung stillgelegt. Das Weiße Haus ordnete den Verwaltungsstillstand an. Hunderttausenden Beamten droht damit unbezahlter Zwangsurlaub.

"Dies ist ein sehr trauriger Tag für unser Land", sagte der Führer der demokratischen Mehrheit im Senat, Harry Reid. Wenige Stunden vor Fristende hatte Obama den Kongress noch einmal zu einer Einigung aufgerufen. Er warf den Republikanern Erpressung vor, weil sie die Staatsfinanzierung an das Schicksal seiner Gesundheitsreform knüpften. Die finanzielle Lähmung der Regierung würde "Sand ins Getriebe" der sich gerade erholenden Wirtschaft streuen, sagte er weiter.

Die Fronten sind verhärtet, weil die Republikaner ihre Zustimmung zu einem Übergangsbudget von Änderungen an Obamas Lieblingsprojekt, der Gesundheitsreform, abhängig machen. Der Präsident und seine Demokraten wehrten sich dagegen. Wichtige Teile des Affordable Care Act ("Gesetz für eine bezahlbare Krankenversicherung"), der als größtes innenpolitisches Projekt von Obama gilt, treten nun am Dienstag in Kraft.

Kernstück der auch Obamacare genannten Reform ist die Pflicht aller Bürger, eine Krankenversicherung abzuschließen. Konservative Kritiker sehen darin eine Beschneidung von individuellen Freiheitsrechten, außerdem prangern sie das vor drei Jahren verabschiedete Gesetz als Belastung für die Wirtschaft an.

In den vergangenen Tagen lieferten sich das republikanisch dominierte Repräsentantenhaus und der von den Demokraten beherrschte Senat ein politisches Pingpong-Spiel: Zwei Mal legte das Repräsentantenhaus ein Übergangsbudget vor, das die Gesundheitsreform in Frage stellte; zwei Mal wies der Senat die Vorlage zurück.

Ungeachtet der Mahnung des Präsidenten stimmten die Republikaner am Montagabend ein drittes Mal für einen Etatentwurf, der eine Klausel zum Aufschub der zum 1. Januar 2014 geplanten Versicherungspflicht enthielt - der Senat wies auch diesen Entwurf wie erwartet zurück. Umfragen zufolge stehen die meisten Amerikaner im Haushaltsstreit eher auf der Seite von Obama.

Zuletzt machte die Bundesverwaltung vom 16. Dezember 1995 bis zum 6. Januar 1996 dicht, als sich der damalige Präsident Bill Clinton Budgetschlachten mit einer republikanischen Parlamentsmehrheit lieferte. An den Finanzmärkten wird die politische Blockade in Washington mit Sorge verfolgt, denn im Haushaltsstreit steht noch eine bedeutende Frist an. Bis voraussichtlich zum 17. Oktober muss der US-Kongress die gesetzliche Schuldenobergrenze erhöhen - sonst droht der größten Volkswirtschaft der Welt die Zahlungsunfähigkeit.

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