Warnung vor sozialen Unruhen:"Schädliche Stimmungsmache"

Die Krise als Gefahr für die Demokratie? Gesine Schwans Warnungen stoßen bei Politikern und Arbeitgebern weiter auf Kritik.

Die Warnungen von SPD-Bundespräsidentenkandidatin Gesine Schwan und DGB-Chef Michael Sommer vor sozialen Unruhen wegen der Krise in Deutschland stoßen größtenteils auf Ablehnung.

Warnung vor sozialen Unruhen: Wird die Wirtschaftskrise zur Gefahr für die Demokratie? Gesine Schwan, SPD-Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl, befürchtet dies.

Wird die Wirtschaftskrise zur Gefahr für die Demokratie? Gesine Schwan, SPD-Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl, befürchtet dies.

(Foto: Foto: Getty)

"Es ist nicht gut, wenn wir davon reden, dass hier Unruhen ausbrechen könnten wie in Frankreich oder anderswo", sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck der Rheinischen Post. "Das untergräbt die Bemühungen der Bundesregierung, die ja gerade alles tut, um die tiefe Krise für die Menschen abzumildern." Gesine Schwan hatte gesagt, die Krise könne zu einer "Gefahr für die Demokratie" werden, wenn nicht gegengesteuert werde.

Der FDP-Vize Rainer Brüderle nannte die Äußerungen "völlig verantwortungslos." Das Beschwören von Unruhen und schiefe historische Vergleiche könnten die Menschen verängstigen. Jetzt komme es darauf an, ihnen durch eine vertrauenstiftende Politik Mut zu machen.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht überdies wegen der sozialen Sicherungssysteme keine Gefahr von Unruhen wegen der Wirtschaftskrise. "Es wird auch jetzt niemand in materielle Existenzbedrohung kommen", sagte Schäuble im Sender N24. Die Politik habe die Krise zwar nicht verhindern können, "aber wenn die Politik das tut, was sie kann, dann muss es nicht zu Unruhen kommen".

Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn zeigte Verständnis für die Warnungen von Schwan und Sommer vor sozialen Spannungen. "Es gibt ein tiefes Gefühl großer Ungerechtigkeit im Land. Daran ist diese Regierung nicht unschuldig", sagte Kuhn der Passauer Neuen Presse. Die große Koalition solle sich stärker um Arbeitslose und Geringverdiener kümmern, damit soziale Verwerfungen nicht verschärft würden, forderte Kuhn.

Schwan rief nach Kritik an ihren Aussagen zu möglichen sozialen Konflikten ebenfalls zur Besonnenheit auf, bekräftigte aber ihr Statement. Es gelte aber auch, die Augen nicht vor dem Ernst der Lage zu verschließen. "Wir alle haben in der gegenwärtigen Krise die Verantwortung, weder zu dramatisieren oder Ängste zu schüren, noch die Realität auszublenden", sagte Schwan in der ZDF-Sendung "Johannes B. Kerner". "Wichtig ist mir, diese Krise ernst zu nehmen und daraus zu lernen - und nicht irgendwelche Leute an den Pranger stellen oder moralisch anzuklagen", sagte Schwan. "Wir müssen gemeinsam eine Perspektive finden - damit es nicht gefährlich und explosiv wird."

Der Parteichef der Linken, Oscar Lafontaine, unterstellte der großen Koalition indirekt eine Stärkung der Rechtsextremisten, da sie nicht genug gegen die steigende Arbeitslosigkeit tue. Die Regierung schaue "ziemlich tatenlos" zu, sagte Lafontaine der Leipziger Volkszeitung. Er forderte für den Fall einer weiteren Verschlechterung der Lage den politischen Generalstreik als Protestmaßnahme.

Gerade in der gegenwärtigen Krise sei eine negative Stimmungsmache "äußerst schädlich", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt der Zeitung Die Welt. Gesellschaftliche Verantwortungsträger sollten sich nicht "an wilden Spekulationen und wahltaktischen Manövern" beteiligen. Hundt verwies darauf, dass die Unternehmen derzeit alles dafür täten, das Beschäftigungsniveau in ihren Betrieben zu halten.

Auch Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) rief zu Zurückhaltung auf. "Ich halte es für verantwortungslos, nachgerade für dumm, in einer solchen Situation eher noch einen Beitrag zur Verunsicherung zu leisten", sagte der Minister im ZDF. Er sehe mit Freude, "dass es in diesem Land ein hohes Maß an Besonnenheit gibt und ich würde mir dieses Maß an Besonnenheit auch wünschen bei jenen, die jetzt von sozialen Unruhen zu murmeln beginnen", sagte er an die Adresse von DGB-Chef Michael Sommer und der SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten, Gesine Schwan.

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