Wahlrecht:Durchkreuzt

Rainer Roth ist Anwalt in Bayern, hat dort auch seinen Wohnsitz. Das ist ein Problem. Denn Roth kann sein Kreuz nur bei der CSU machen, will bei der Bundestagswahl aber für die CDU stimmen. Wo das hinführt? Vor das Verwaltungsgericht.

Der Anwalt Rainer Roth will CDU wählen. Das möchte er vor Gericht erstreiten, wenn nötig sogar mit einer Verfassungsbeschwerde. Das Problem: Der Anwalt Roth hat seinen Wohnsitz in Bayern - und dort kann er momentan sein Kreuz nur bei der CDU-Schwesterpartei CSU machen. Und dabei bleibt es zumindest vorerst auch, denn Roth scheiterte am Freitag mit einer Klage gegen den Bundeswahlleiter vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden.

Für das Anliegen gebe es keine ausreichende Rechtsgrundlage, urteilte das Gericht. Im Bundeswahlgesetz sei nicht vorgesehen, dass die Parteien mit bundesweiten Listen antreten müssten. Das Verwaltungsgericht ließ aber die Möglichkeit einer Berufung offen. Roth sagte, dass die Menschen in Bayern nicht für eine solch etablierte Partei wie die CDU stimmen könnten, die auch die Bundeskanzlerin stelle, verletze das Recht auf freie Wahl. Er werde deshalb Berufung einlegen und sich zugleich an das Bundesverfassungsgericht wenden - auch weil er dem Fall allgemeine Bedeutung beimesse. Er selbst wolle nicht die Politik der CSU, sondern die der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel unterstützen, sagte Roth. Er klagt gemeinsam mit seiner Frau. Die beiden Anwälte berufen sich unter anderem auf den Grundgesetzartikel 38, nach dem die Bundestagsabgeordneten "in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl" gewählt werden müssen.

Die Vertreterin des Bundeswahlleiters erklärte, bei der Bundestagswahl 2013 seien die meisten Parteien nicht in allen Bundesländern angetreten. Außer der CSU gebe es weitere Parteien, die sich nur in einem Bundesland zur Wahl gestellt hätten, etwa die Parteien "Die Frauen" oder "Die Violetten", die ebenfalls nur in Bayern angetreten seien. Der Bundeswahlleiter führe lediglich das Bundeswahlgesetz aus und entscheide nicht über dessen Inhalt, sagte Richter Hans-Hermann Schild. Deshalb sei er nicht der richtige Ansprechpartner. Dass Parteien nicht mit Bundeslisten anträten, entspreche zudem der föderalen Struktur der Bundesrepublik. In Richtung der Kläger sagte Schild: "Ihre Überlegung kann ich nachvollziehen, nur das setzte eine komplette Revision des Wahlrechts voraus, oder die CDU würde auch in Bayern antreten." Dies sei allerdings eine Entscheidung der Partei.

CDU und CSU bilden im Bundestag seit 1949 eine Fraktionsgemeinschaft. In der zuletzt im September 2013 von Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer unterzeichneten Vereinbarung dazu heißt es, Grundlage seien gemeinsame politische Ziele und die Tatsache, dass sie "in keinem Bundesland miteinander in Wettbewerb" stünden.

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