Wahlprogramm von CDU und CSU:Treffen ohne Querulanten

Die Spitzen von CDU und CSU beschließen ihr gemeinsames Wahlprogramm - allerdings fehlen die beiden Landesfürsten Oettinger und Böhmer. Die Ministerpräsidenten aus Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt wollten der Schelte der Parteikollegen entgehen, wird gemunkelt.

Einstimmig haben die Spitzen von CDU und CSU am Sonntag in Berlin ihr gemeinsames Wahlprogramm beschlossen. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfahren hat, haben sich die Parteispitzen damit nicht auf ein genaues Datum für die angekündigten Steuersenkungen festgelegt - wie es die CSU gefordert hatte. Das komplette CDU-Präsidium habe sich gegen den Wunsch der Christsozialen gewandt, hieß es.

Mehrwertsteuer, AP

Uneinig: CSU-Chef Horst Seehofer und CDU-Vorsitzende Angela Merkel wollen sich offenbar nicht auf ein genaues Datum für die angekündigten Steuersenkungen festlegen.

(Foto: Foto: AP)

Die Union will mit drei Steuerversprechen vor die Wähler treten: So soll der Kinderfreibetrag auf 8004 Euro erhöht, der Eingangssteuersatz von 14 auf zwölf Prozent gesenkt und der Steuer-Tarifverlauf arbeitnehmerfreundlicher gestaltet werden.

Oettinger und Böhmer fehlen

Zwei wichtige Teilnehmer fehlten jedoch bei dem Treffen der Parteispitzen wenige Monate vor der Wahl: Nicht erschienen waren Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und sein Kollege Wolfgang Böhmer (CDU) aus Sachsen-Anhalt. Offiziell hatten die beiden Regierungschefs andere Verpflichtungen. Allerdings, so hieß es schnell, liege der Verdacht nahe, dass sie sich nicht der Kritik ihrer Kollegen aussetzen wollten. Zu heftig hatten Vorstand und Präsidium von CDU und CSU auf die Steuererhöhungsvorschläge reagiert, mit denen die Landesfürsten die Inszenierung am Pariser Platz gestört hatten.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger hatte vor wenigen Tagen eine Erhöhung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes gefordert. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Böhmer sprach sich nun im Tagesspiegel am Sonntag für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes aus, um der ungleichen Verteilung von Vermögen in Deutschland entgegenzuwirken. "Ich habe gegen höhere Steuersätze für Bestverdiener nichts einzuwenden. Wenn sie wie Manager von Dax-Unternehmen oder Fußballspieler ohne persönliches Risiko erhebliche Einkünfte erzielen, spricht nichts gegen eine höhere Belastung", sagte Böhmer.

Die Parteispitzen erteilten den Forderungen jedoch klare Absagen. In der Bild am Sonntag beteuerten die Vorsitzenden, dass die Mehrwertsteuer nach der Wahl nicht erhöht wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete die Diskussion über die Mehrwertsteuer als "schädlich für die Konjunktur". "Mit mir wird es in der nächsten Legistlaturperiode kein Erhöhung der Mehrwertsteuer geben, weder des vollen noch des reduzierten Satzes", sagte die CDU-Chefin. Eine Erhöhung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes sei zudem sozial ungerecht und wachstumsfeindlich. "Deutschland muss schnell aus der Krise herauskommen. Dafür brauchen wir Entlastungen und keine Belastungen."

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) bezeichnete die von den beiden CDU-Ministerpräsidenten angestoßene Debatte als "unnötig wie einen Kropf". Wie Oettinger und Böhmer auf ihre Forderungen kämen, sei ihm "unbegreiflich", rüffelte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) seine Kollegen.

Steinmeier wirft Merkel Führungsschwäche vor

FDP-Chef Guido Westerwelle sieht die Positionen seiner Partei damit auch bei den Wunschkoalitionspartnern gestärkt. "Ich begrüße, dass nach der FDP jetzt auch CSU-Chef Seehofer die aus der CDU vorgeschlagene Mehrwertsteuererhöhung ausgeschlossen hat", sagte Westerwelle.

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier warf Merkel indes angesichts der Steuerdebatte indirekt Führungsschwäche vor. Die Union gehe in eine programmatische Diskussion mit der Ankündigung von Steuersenkungen. Parallel dazu kündige man Steuererhöhungen an. "Die Öffentlichkeit wird sich dazu ihr Bild machen, da bin ich mir ganz sicher", sagte Steinmeier.

Auch Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sieht keinen Spielraum für die Steuersenkungspläne der Union. "Das ist ein Versprechen, das man nicht glauben kann", sagte Scholz am Sonntag in Nürnberg. Niedrigere Steuersätze für höhere Einkommen stellen laut Scholz eine große Gefahr für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft dar.

Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Fritz Kuhn, erklärte: "Die Steuer- und Finanzpolitik der Union ist der Ausdruck wachsender Selbstverwirrung." Der Linken-Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine warf der Kanzlerin vor, unglaubwürdig zu sein.

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