Wahlkampfthema Affären-Präsident:SPD-Spitzenkandidat Albig attackiert Wulff

Das gab es so noch nie: Die SPD greift den affärenbelasteten Bundespräsidenten während des Landtagswahlkampfs in Schleswig-Holstein an. Wulff droht auch anderes Ungemach: seine horrenden Anwaltskosten.

Wohl das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wird das amtierende Staatsoberhaupt Thema in einem Wahlkampf - und zwar in Schleswig-Holstein: Nach der Attacke des Kieler FDP-Frontmanns Wolfgang Kubicki, greifen auch die oppositionellen Sozialdemokraten das Thema Bundespräsident auf: Der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Torsten Albig, griff Christian Wulff nun hart an.

Bundespräsident: Christian Wulff Ehefrau Bettina Staatsbesuchs in Italien

Umstrittener Bundespräsident: Christian Wulff, hier mit seiner Ehefrau Bettina während seines Staatsbesuchs in Italien

(Foto: dpa)

"Die Leute wenden sich angewidert von jeder Art von Politik ab", sagte Albig der Bild-Zeitung unter Hinweis auf die in den vergangenen Wochen diskutierten Vorwürfe an Wulff unter anderem wegen dessen Hauskredit. "Wulff zertrümmert die letzte Achtung der Bürger vor den Politikern", fügte Albig hinzu. Der Schaden, den Wulff der Demokratie zufüge, sei "enorm".

"Das Amt des Bundespräsidenten wird nie wieder das sein, was es mal war", sagte Albig. Der Kieler Oberbürgermeister wurde Anfang Februar als Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl am 6. Mai nominiert.

Schon bei Albigs Kür attackierte die SPD-Spitze den Bundespräsidenten: Die stellvertretende Parteivorsitzende Manuela Schwesig warf Wulff eine Schnäppchenjägermentalität vor, mit der er alle Vorurteile gegenüber der Politik verstärke.

Spekulationen über Wulffs Anwaltshonorar

Für Bundespräsident Christian Wulff droht die Affäre um Kredite, Urlaube und Sponsoren womöglich auch zu einem finanziellen Problem zu werden. Nach Informationen der Rheinischen Post gehen Experten davon aus, dass Wulff mit seinem Rechtsbeistand ein Tageshonorar von rund 4000 Euro vereinbart haben könnte. "Eine solche Summe halte ich nicht für völlig unwahrscheinlich", sagte der Vizepräsident des Deutschen Anwaltsvereins, der Honorarfachmann Herbert Schons, dem Blatt.

Ein solcher Betrag komme "naturgemäß" in Frage, weil sich Wulff mit Gernot Lehr einen Anwalt aus einer "Kanzlei ersten Ranges" gesichert habe. Er könne das gut einschätzen, weil er "Vergütungsvereinbarungen unterschiedlichster Natur in Händen" halte, erläuterte Schons. Der aktuelle Durchschnittswert der Stundensätze von Anwälten in Deutschland liege bei 181 Euro. Bei hochrangigen Kanzleien seien Stundensätze von 400 bis 700 Euro aber nichts Ungewöhnliches.

"Wulff im Schafspelz" in Polizeistuben

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, sieht nach den Enthüllungen über das Verhalten von Bundespräsident Christian Wulff dessen Autorität erschüttert. "In vielen Dienststellen hängt die Karikatur, die ein Schaf mit dem Kopf des Bundespräsidenten zeigt", sagte Witthaut der Passauer Neuen Presse. Das Bild zeige einen "Wulff im Schafspelz".

"Eine Rede des Bundespräsidenten vor Polizisten über das Thema Recht, Gesetz und den Rechtsstaat wäre zur Zeit nicht denkbar", sagte Witthaut. "Es könnte sein, dass da der eine oder andere den Raum verlassen oder gleich wegbleiben würde." Gegen einen einfachen Beamten wäre "längst ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden", sagte der GdP-Chef. Es überrasche, dass sich die Prüfung der Staatsanwaltschaft "so in die Länge zieht".

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