Wahlkampf in Italien:Berlusconis Heimspiel

Kurz vor Veröffentlichung der Wahlergebnisse hat Berlusconi nochmals seine medialen Register gezogen - und organisiert den letzten Auftritt der beiden Spitzenkandidaten. Im eigenen Fernsehen.

Carolin Gasteiger

Es war Silvio Berlusconis letzter Wahlkampf-Coup. In der Nacht zum Sonntag traten er und sein Konkurrent Walter Veltroni mit abschließenden Interviews in der Politshow "Matrix" auf. Allein das ist noch nicht verwerflich. Dass die Sendung aber auf Canale 5 lief, der zum berlusconischen Medienimperium gehört, zeigt einmal mehr die Abstrusität der italienischen Medienlandschaft.

Silvio Berlusconi in der TV-Sendung "Matrix", AFP

Silvio Berlusconi so, wie er sich am liebsten sieht: Auf der Großbildleinwand im eigenen Fernsehkanal.

(Foto: Foto: AFP)

Der 71-jährige Multimillionär besitzt zwar die meisten Medien im Land, ist aber spätestens seit seinem peinlichen Auftritt in Straßburg bekannt dafür, dass er im Umgang mit ihnen kaum Geschick beweist. Da verwundert es nicht, dass er sich auch gegen eine direkte Konfrontation mit Veltroni ausgesprochen hatte, die höchstwahrscheinlich live gesendet worden wäre.

Lieber ließ der Cavaliere die Sendung aufzeichnen, in der zunächst Veltroni und dann er selbst vom bekannten Journalisten Enrico Mentana interviewt wurden. "Diesem Schöngeist" Veltroni warf der Multimillionär ein falsches Image vor - Veltroni habe ihn in jedem seiner Wahlkampfauftritte beleidigt, "auch wenn er nicht meinen Namen sagte".

Nach bisweilen heftigen Diskussionen mit Moderator Mentana - "Entschuldigen Sie, lassen Sie mich doch bitte erklären", auf die Konkurrent Veltroni verzichten konnte - nutzte der Multimillionär seinen Auftritt, um ein neues Vorhaben anzukündigen: Falls er siege, werde er die Kfz-Steuer abschaffen. Dieser Coup brachte ihm prompt Beifall aus dem Publikum. Von Zwischenapplaus war bei Veltroni nichts zu hören und seine Fragestunde wurde zudem öfter von Werbeeinblendungen unterbrochen als die Fragestunde von Berlusconi.

Die Selbstinszenierung des Medienmoguls im Wahlkampf ist altbekannt. Als der Cavaliere sein Ministerpräsidentenamt vor zwei Jahren gegen den damaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi verteidigen wollte, trat er stolze 335 Minuten in den Nachrichtensendern des staatlichen Fernsehens Rai auf. Seinem Konkurrenten Prodi waren hingegen nur 90 Minuten gegönnt, wie Rai bekanntgab. Und vor der Europawahl 2004 bat Berlusconi die unbedarften Wähler unmittelbar vor der Wahl per SMS darum, ihm doch ihre Stimmen zu geben.

Auch im jetzigen Wahlkampf geriet Berlusconi immer wieder durch grenzenlose, aber medienwirksame Selbstüberschätzung in die Schlagzeilen. So streckte er in einer Talkshow dem Moderator die Hand entgegen und sagte: "Riechen Sie daran! Bemerken Sie nicht den Duft der Heiligkeit?" Und frustrierten jungen Frauen, die Angst vor der Arbeitslosigkeit haben, empfiehlt der Cavaliere schon mal, einen seiner Söhne zu heiraten.

Gegen diesen medialen Tausendsassa hat es der bedächtige Politikprofessor Walter Veltroni schwer. Auch wenn er vor den Kameras vehement behauptet: "Es ist Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen." Sein weitgehend einziges mediales Aufbäumen und den Höhepunkt im öffentlichkeitswirksamen Auftreten erreichte Veltroni, als er seinen "engen Freund" George Clooney ins Wahlkampfboot holte und sich medienwirksam in einem Mailänder Café mit ihm ablichten ließ. Clooney verglich den Römer anschließend mit dem US-Politiker Barack Obama, dem Veltroni mit seinem Slogan "Si può fare" - "Yes, we can" - nacheifert.

Ob er damit allerdings gegen Berlusconis jüngsten Coup ankommen wird, ist fraglich. Die Sendung "Matrix" erreichte Rekordeinschaltquoten, mit separaten 21,2 Prozent für Veltroni und 27,6 Prozent für Berlusconi, der nach ihm auftrat. Seiner Medienwirksamkeit war sich Berlusconi auch vollends bewusst. Als ihn Moderator Entana danach fragte, ob es ein Vorteil gewesen sei, "daheim zu spielen", antwortete der Cavaliere: "Ein Nachtteil war es bestimmt nicht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: