Wahlkampf in Frankreich:Hollande bekommt Ärger wegen Sarkozy-Parodie

"Ich bin der Präsident des Misserfolgs, ich bin ein erbärmlicher Kerl": Der sozialistische Präsidentschaftskandidat Hollande soll vor Journalisten Amtsinhaber Sarkozy nachgeahmt haben. Konservative Politiker reagieren empört. Hollandes Parteifreunde erwidern, Sarkozy habe verbal schon viel stärker um sich gehauen.

Der Ton im französischen Wahlkampf wird rauer: Mit Empörung hat die konservative Regierung auf einen Bericht reagiert, nach dem der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande Präsident Nicolas Sarkozy als "erbärmlichen Kerl" beziehungsweise als "Widerling" ("sale mec") beleidigt haben soll. Die Sozialisten wiesen die Vorwürfe zurück, erinnerten an verbale Ausfälle Sarkozys und hoben hervor, dass Hollande den Präsidenten nur parodiert habe.

Hollande, France's Socialist Party candidate for the 2012 French presidential election, delivers a speech during a news conference in Merignac

Der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande soll Präsident Sarkozy parodiert und dabei als "Widerling" beschimpft haben. Auch wegen seines Wahlkampfstils gerät er zunehmend unter Druck.

(Foto: REUTERS)

Hollande hatte am Dienstag einige Journalisten zum Mittagessen eingeladen, darunter auch einen Vertreter der Nachrichtenagentur AFP. Das Gespräch war "off the records", die Aussagen durften also eigentlich nicht verbreitet werden. Dennoch berichtete die Zeitung Le Parisien an diesem Mittwoch, Hollande habe den Präsidenten als "erbärmlichen Kerl" bezeichnet.

Tatsächlich hatte der sozialistische Präsidentschaftskandidat in der Runde aber Sarkozy parodiert und so getan, als ob er als der amtierende Präsident zu den Franzosen spreche: "Ich bin der Präsident des Misserfolgs, ich bin ein erbärmlicher Kerl, aber in diesen schwierigen Zeiten bin ich der einzig Handlungsfähige..." Hollande argumentierte, Sarkozy werde versuchen, sich im Wahlkampf als der "mutige Steuermann" zu präsentieren.

Vertreter der konservativen Regierungsmehrheit reagierten empört auf den Bericht. Die Bildungsministerin, Nadine Morano, forderte von Hollande eine "öffentliche Entschuldigung". Die Bemerkungen seien "unerträglich und unerhört".

Regierungssprecherin Valérie Pécresse verlangte zumindest eine Erklärung, sollte die Aussage von Hollande so getroffen worden sein. Innenminister Claude Guéant nannte die Bemerkungen im Sender Europe 1 "untragbar". Viele Mitarbeiter Hollandes ließen sich zu Beleidigungen und lügnerischen Aussagen hinreißen, kritisierte er.

Verteidigungsminister Gérard Longuet nannte Hollande einen "schlechten Kandidaten", denn wenn er den Wahlkampf so beginne, dann könne dieser nur mittelmäßig werden. Außenhandelstaatssekretär Pierre Lellouche wandte sich gegen "persönliche Angriffe" im Wahlkampf. Hollande habe einen "großen Fehler" begangen.

Persönlich niederträchtig, politisch gefährlich

Ex-Industrieminister Christian Estrosi erklärte Hollandes Verhalten für "eines Präsidentschaftskandidaten unwürdig". Es sei "auf persönlicher Ebene niederträchtig, aber auf politischer Ebene auch gefährlich", weil das Amt des Präsidenten herabgewürdigt werde.

Die Sozialisten hielten der Regierungsmehrheit vor, wegen des Wahlkampfes viel Aufhebens um eine Aussage zu machen, die falsch widergegeben worden sei. Der Vorsitzende der Sozialisten in der Nationalversammlung, Jean-Marc Ayrault, erklärte, der sozialistische Kandidat würde sich niemals für "Pöbeleien" hergeben, wie sie seit fünf Jahren an der Staatsspitze Einzug gehalten hätten.

Auch zwei Sprecher von Hollande hoben hervor, dass die Aussagen so nicht gefallen seien. Das Präsidentenamt sei im Übrigen durch Sarkozy selbst schon genug beschädigt worden, der 2008 zu einem Bürger, der ihm nicht die Hand schütteln wollte, vor laufenden Kameras gesagt hatte: "Dann hau ab, du Blödmann."

Der Politikchef des Parisien, Matthieu Croissandeau, räumte ein, dass Hollande den Staatspräsidenten nicht direkt einen "Widerling" genannt habe, sondern "in die Rolle seines Rivalen geschlüpft" sei. Dennoch zeige dies, wie Hollande seinen politischen Gegner einschätze.

Umfragen zufolge würde der konservative Sarkozy derzeit die Präsidentenwahl gegen Hollande verlieren. Allerdings geriet der sozialistische Herausforderer zuletzt wegen seines als zu wenig aggressiv kritisierten Wahlkampfstils unter Druck. Die erste Wahlrunde ist für den 22. April angesetzt.

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