Wahlen in Südafrika:Tanz der guten Hoffnung

Lesezeit: 3 min

Jacob Zuma hat die Weihen des Übervaters Nelson Mandela, und allein das garantiert ihm einen Vorsprung bei den Wahlen an diesem Mittwoch. Dabei gibt es einiges, was gegen ihn spricht.

Arne Perras, Südafrika

Besser hätte es für Jacob Zuma nicht laufen können, so kurz vor der Wahl: Zuerst lässt die Staatsanwaltschaft Anfang April die Korruptionsvorwürfe gegen den 67-jährigen Chef des "African National Congress" (ANC) fallen. Damit deckt sie Zumas offene Flanke, die seine Gegner so gerne ausgenutzt hätten. Und dann, am vergangenen Sonntag, zaubert der Kandidat in Johannesburg auch noch seine größte Trumpfkarte hervor.

Jacob Zuma (vorne Mitte)tanzt vor seinem größten Trumpf - Nelson Mandela (hinten Mitte). (Foto: Foto: AFP)

Niemand hätte gedacht, dass er sie noch ausspielen könnte. Aber sie haben sich alle getäuscht: Nelson Mandela, 90-jähriger Vater der Befreiungsbewegung Südafrikas und das Gewissen der Nation, lässt sich überraschend ins Ellis-Park-Stadion fahren, wo Zuma vor Zehntausenden seine letzte Wahlkampfrede hält.

Mandela, der schon sehr gebrechlich ist, hat noch immer dieses unschlagbare Lächeln, bei dem es jedem warm ums Herz wird. Und vorne, auf seinem gelben ANC-T-Shirt, strahlt kein anderer als: Jacob Zuma.

Da ist sie plötzlich, die magische Brücke zwischen dem Übervater und dem umstrittenen Ziehsohn, die der ANC-Kandidat so dringend gebraucht hat. Mandela trägt Zuma auf der Brust. Das sind die höchsten Weihen, die am Kap für einen Politiker vorstellbar sind.

Mandela, die Ikone der Freiheit, hat ihn als Hüter seines Erbes auserkoren. Und das ist der größte Schatz, den die Südafrikaner nach dem Sieg über die Apartheid 1994 zu verteidigen haben. Gegen diese Botschaft Mandelas ist die Opposition Südafrikas so gut wie machtlos.

23 Millionen Südafrikaner sind aufgerufen, am Mittwoch ihr Stimme abzugeben. Sie wählen den Präsidenten nicht direkt, sondern das Parlament, das anschließend den Staatschef kürt. 26 Parteien treten an, doch nur zwei werden ein kleines Gegengewicht zum ANC aufbauen können.

Zum einen ist dies die Demokratische Allianz (DA), geführt von der Kapstädter Bürgermeisterin Hellen Zille, hinter der viele Weiße stehen, die aber auch Zulauf aus anderen Schichten bekommt, vor allem in ihrer Hochburg Western Cape.

Zum anderen ist es der Congress of the People (Cope), ein Sammelbecken für all diejenigen im ANC, die Zuma an den Rand gedrängt hat. Sie haben sich erst vor wenigen Monaten als neue Partei abgespalten. Doch weder DA noch Cope wirken stark genug, um den ANC ernsthaft ins Straucheln bringen zu können.

Skandale im Nacken

Das Rennen für Zuma ist also schon so gut wie gelaufen. Spannend wird lediglich sein, ob der ANC eine Zweidrittel-Mehrheit erobert oder nicht. Mit ihr könnte er die Verfassung ändern, ein Szenario, vor dem die Opposition heftig warnt.

Schafft der ANC die Zwei-Drittel-Hürde nicht, so dürfte dies unmittelbar auf den Chef zurückfallen. Es würde bedeuten, dass die Wähler mit Zuma, dem so viele Skandale im Nacken sitzen, doch nicht so glücklich sind, wie man im ANC erwartet.

Zuma musste sich 2006 einem Vergewaltigungsprozess stellen, wurde allerdings freigesprochen. Und noch immer hat kein Gericht über die Korruptionsvorwürfe entschieden, die ihn seit Jahren belasten. Zuma ist in einen Skandal um Waffengeschäfte verwickelt, aber vermutlich ist er auch nicht der Einzige, dessen Rolle genauer beleuchtet werden müsste.

Ex-Präsident Thabo Mbeki, der Zuma fallenließ, weil er ihm zu populär geworden war, hat jedenfalls eine Untersuchung des Rüstungsdeals immer blockiert - und so auch Spekulationen über seine eigene Rolle bei den Geschäften befeuert.

Doch über Mbeki redet niemand mehr in diesen Tagen, jetzt ist Zuma dran, und alle, die sich um ihn geschart haben, rangeln längst um Einfluss und Macht. Im Angesicht des Triumphs wird geschoben und geboxt, jeder will sich in eine gute Position bringen, um einen Posten in der neuen Regierung zu ergattern.

Alle wollen sich Zumas Gunst und Aufmerksamkeit erkämpfen, und manche glauben, dass sie das am besten können, wenn sie besonders laut plärren. Zu dieser Gruppe gehören die Funktionäre des Gewerkschaftsverbandes Cosatu, die dem ANC schon jetzt mächtig drohen, wenn sie - die treuesten Gefährten Zumas - nicht gerecht bedacht würden.

Doch was ist gerecht? Muss Zuma die Loyalität seiner Anhänger belohnen? Oder sollte er lieber Experten ins Kabinett holen, die fähig sind, Südafrikas Probleme zu lösen? ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe verkündet: "Der ANC wird kompetente Leute wählen, anstatt nur Loyalität zu belohnen."

Vorgeschmack auf die Gefechte

Wenn man damit anfange, "jeden glücklich zu machen, dann wird man nie ein Team bekommen." Für den Generalsekretär des Gewerkschaftsverbandes Cosatu, Zwelinzimo Vavi, klingt das provozierend: "Wir wollen die Hegemonie der Arbeiterklasse", donnert er. "Deshalb hassen uns andere im ANC wie Gift." Die Linke spricht schon von einer "Kriegserklärung", falls sie nicht für ihre Treue belohnt werde.

Das gibt einen Vorgeschmack auf die Gefechte der kommenden Tage, wenn Zuma sein neues Team zusammenstellt. Er muss die richtige Balance finden, ohne die Geschäftswelt zu sehr zu erschrecken und die Linke zu stark zu frustrieren. Dieser Spagat dürfte dem neuen Präsidenten mehr abverlangen als der ganze Wahlkampf.

Investoren werden besonders darauf achten, wen Zuma mit dem Finanzressort betraut. Bislang hat dieses Ministerium Trevor Manuel gehütet, ein Mann, vor dessen Haushaltsdisziplin Europäer nur erblassen können. Wenn Zuma ihn als Finanzminister im neuen Kabinett behält, dann ist ihm das Lob der Weltgemeinschaft schon sicher. Und die Wut der Gewerkschaften auch.

© SZ vom 22.04.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: