Wahlen in Griechenland:Europa wartet auf den Sieger

Greek Election As Party Leaders Vote

Syriza-Chef Alexis Tsipras am Sonntag nach der Stimmabgabe in Athen.

(Foto: Bloomberg)
  • Knapp zehn Millionen Griechen dürfen am Sonntag ein neues Parlament wählen - und könnten dabei über das Schicksal ihres Landes in Europa entscheiden.
  • Klarer Favorit ist die linke Syriza mit ihrem Parteichef Alexis Tsipras, der ein Ende der Sparpolitik und einen weiteren Schuldenschnitt für das Land durchsetzen will.
  • Ob es für eine Alleinregierung der in den vergangenen Jahren immer erfolgreicheren Linken reicht, ist allerdings noch offen.

Entscheidende Wahl

Griechenland geht wählen - und ganz Europa und weite Teile der (Finanz-)Welt schauen gebannt zu. Seit 6 Uhr am Sonntagmorgen sind die rund 9,8 Millionen Wahlberechtigten des Landes dazu aufgerufen, ein neues Parlament und damit eine neue Regierung zu wählen. Letzte Umfragen vor Beginn des Urnengangs trauten der linken Partei Syriza und ihrem Vorsitzenden Alexis Tsipras zuletzt einen Spitzenwert von 33,5 Prozent der Stimmen zu. Damit wäre sie stärkste Fraktion im Athener Parlament. Und genau das verunsichert Politiker und Notenbanker.

Die Wahllokale sind bis 18.00 Uhr (MEZ) geöffnet. Unmittelbar danach werden Prognosen erwartet, Hochrechnungen etwa zwei Stunden später.

Harte Forderungen

Syriza will die harte Sparpolitik in Griechenland beenden - und das sofort. Die Mindestlöhne im Privatsektor sollen auf das Niveau vor der Krise steigen, von 586 auf 751 Euro. Niedrige Renten sollen angehoben, Privatisierungen sofort gestoppt werden. Mindestens 9500 entlassene Staatsbedienstete sollen zurück an ihren Arbeitsplatz. Die wichtigste Forderung des Linksbündnisses ist jedoch ein Schuldenschnitt für das Land, über den eine internationale Konferenz entscheiden soll. Sollte es dabei zu keiner Einigung kommen, könnte Griechenland im äußersten Fall gezwungen werden, aus der Eurozone auszutreten ("Grexit").

Smarter Parteichef

Neben den inhaltlichen Forderungen ist aber vor allem, Parteichef Alexis Tsipras ein wichtiger Faktor für den Erfolg Syrizas. Typisch für ihn: Der 40-Jährige trägt nie Krawatte - damit wolle er erst anfangen, wenn er den Schuldenschnitt für sein Land erreicht habe. Tsipras ist redegewandt, gibt sich freundlich, umgänglich und lacht viel. Auf dem jugendlich wirkenden Politiker ruhen nun große Hoffnungen - und Erwartungen.

Am Wahltag zeigte sich Tsipras zuversichtlich. "Heute entscheidet das griechische Volk, ob die harte Sparpolitik fortgesetzt wird oder ob das Land einen Neuanfang startet, damit die Menschen in Würde leben können", sagte er nach der Stimmabgabe in Athen. Wegen des riesigen Presseandrangs hatte Tsipras Schwierigkeiten, ins Wahllokal im Athener Stadtteil Kypseli zu gelangen.

Erfolgreiches Jahrzehnt

In den vergangenen zehn Jahren hat er bereits gezeigt, wozu er in der Lage ist: 2004 war Syriza erstmals als Wahlbündnis linker griechischer Parteien und Organisationen angetreten - seitdem wird die Partei von Wahl zu Wahl erfolgreicher. Von 4,6 Prozent im Jahr 2009 steigerte sie sich im Mai 2012 auf 16,8 Prozent und wurde mit 52 Abgeordneten zweitstärkste Kraft im Parlament in Athen. Nur einen Monat später wurden Neuwahlen fällig, die der jetzt offiziell als Partei registrierten Linken einen weiteren Schub auf 26,9 Prozent und 71 Mandate brachten.

Bonus für den Sieger

In Griechenland hält das Wahlrecht einen besonderen Bonus für den Sieger bereit. 250 der 300 Sitze werden in einfacher Verhältniswahl vergeben. Die stärkste Partei erhält einen Zuschlag von 50 Sitzen. Damit sollen die Chancen für die Bildung einer starken Regierung erhöht werden. Für den Einzug ins Parlament gilt eine Drei-Prozent-Hürde. Im Land herrscht Wahlpflicht. Es wird jedoch nicht kontrolliert, ob die Menschen ihre Stimme abgeben.

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