Wahlen im Kongo:"Nicht unter diesen Umständen"

Während Soldaten der Bundeswehr sich im Kongo darauf vorbereiten, die Wahlen am nächsten Sonntag abzusichern, ist offen, ob der Urnengang überhaupt wie geplant stattfinden wird. Angeblich gibt es massive Unregelmäßigkeiten.

Der von der katholischen Kirche unterstützte Präsidentschaftskandidat im Kongo hat wenige Tage vor der geplanten Wahl massive Unregelmäßigkeiten bein den Wahlvorbereitungen beklagt.

Wahlen im Kongo: Unruhen in Kinshasa vor den Wahlen.

Unruhen in Kinshasa vor den Wahlen.

(Foto: Foto: dpa)

"Es sind mehrere Millionen Wahlzettel zu viel gedruckt worden, und die Wählerlisten sind noch immer nicht veröffentlicht", sagte Anatole Matusila am Mittwoch in Kinsahsa.

"Die Bischofskonferenz wird in Kürze entscheiden, ob sie - wie angedroht - zum Boykott der Wahlen am Sonntag aufruft", sagte der Chef der katholischen Laienorganisation im Kongo. In diesem Fall werde er seine Kandidatur zurückziehen. "Die Wahlvorbereitungen waren alles andere als glaubwürdig", sagte er.

Matusila kritisierte das Drängen der internationalen Gemeinschaft auf die Wahlen. "Die Wahlen sollen für das kongolesische Volk sein und nicht für die öffentliche Meinung in Amerika oder Europa", sagte er. Der internationalen Gemeinschaft gehe es letztlich um die Rohstoffe des Kongos und nicht um die Menschen dort.

"Wir wollen Wahlen, aber nicht unter diesen Umständen", sagte er. "Wir werden keinen Wahlbetrug legitimieren." Die Entsendung einer europäischen Eingreiftruppe unter deutscher Führung hält er für überflüssig. "Anstelle von Soldaten sollten sie uns lieber Entwicklungshelfer schicken", meint er.

Matusila ist einer von 32 Kandidaten, die am Sonntag gegen Amtsinhaber Joseph Kabila antreten wollen. Zugleich treten mehr als 9000 Bewerber um 500 Sitze im Parlament an. Es sind die ersten freien Wahlen seit mehr als 40 Jahren und die größten, die je von den Vereinten Nationen unterstützt wurden.

Bundeswehreinsatz könnte länger dauern

Angesichts der Unsicherheiten wird befürchtet, dass der Einsatz der Bundeswehr länger dauern könnte als geplant.

"Fände der zweite Wahlgang erst im November statt, dann wäre der Auftrag der europäischen Truppe im geplanten Zeitrahmen kaum erfüllbar", sagte Albrecht Conze, Vize-Direktor für politische Angelegenheiten der UN-Mission im Kongo.

Er könne sich jedoch nicht vorstellen, "dass die Europäische Union in einem solchen Fall nach dem Kalender handelt anstatt nach der politischen Notwendigkeit".

Derzeit gehen die Planer des EU-Einsatzes unter deutscher Führung von einer Dauer von vier Monaten aus. Ein oder zwei Monate mehr könnten nötig werden, meinte Conze.

Das bisherige Auftreten der EU-Truppe sei bei der kongolesischen Bevölkerung gut angekommen, sagte der deutsche UN-Diplomat, der seit mehreren Jahren in Kinshasa lebt.

"Die wichtigste Aufgabe der EU- Truppe ist die Abschreckung möglicher Unruhestifter", betonte Conze. Mit weiteren gewaltsamen Ausschreitungen sei in der Woche nach der Wahl, vor der Bekanntgabe des Ergebnisses, zu rechnen.

"Vermutlich werden sich gleich mehrere zum Sieger erklären, noch bevor wir erste Ergebnisse haben", sagte Conze. Dann könne es schnell zu Gewalt kommen. "Im Kongo gibt es eben noch keine demokratische Tradition", fügte er hinzu.

Auf die neue Regierung kommen nach Angaben Conzes gewaltige Aufgaben zu. "Man muss bei Null anfangen. Es fehlt an Straßen, Strom, Wasser, Richtern, Lehrern und Krankenhäusern - eigentlich an allem, was ein Volk braucht."

Die internationale Gemeinschaft müsse dem Land auch nach den Wahlen zur Seite stehen. Die Hilfe sollte aber mit der Bedingung verknüpft sein, die Menschenrechte einzuhalten und die Demokratisierung weiter voranzutreiben. "Demokratie lässt sich nicht aufpfropfen", sagte Conze. "Die Kongolesen müssen den Ball jetzt annehmen, den die Europäische Union ihnen zuspielt."

An diesem Sonntag sind mehr als 25 Millionen Wahlberechtigte im Kongo aufgerufen, ihre Stimme für den Präsidenten und die Abgeordneten abzugeben. Es sind die ersten freien Wahlen seit mehr als vier Jahrzehnten. Eine EU-Truppe mit 2000 Soldaten, unter ihnen 780 Deutsche, soll die Wahlen gemeinsam mit der UN-Mission absichern.

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