Wahldebakel in Hamburg:So würgt Merkel die CDU in den Ländern ab

  • Nach einer Reihe von Niederlagen bei Landtagswahlen hat es die CDU auch bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg nicht geschafft - 15,9 Prozent sind ein historisch schlechtes Ergebnis.
  • Die Strategie von Kanzlerin Merkel, die CDU links der Mitte zu platzieren, geht im Bund auf. In Ländern und Städten zahlt die Partei einen hohen Preis dafür.
  • Wenig spricht dafür, dass die CDU einen Abgang von Merkel unbeschadet überstehen würde.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Lieberknechts Job hat jetzt der Linke Ramelow

Mal kurz nachdenken. Ministerpräsidenten der CDU. Wer fällt einem da ein? Jürgen Rüttg..., nee, da regiert ja jetzt schon länger Hannelore Kraft von der SPD. David McAl... auch nicht, ein Stephan Weil hat den abgelöst, auch SPD. Hier, jetzt, dieser Kleine - Mappus! Oh, nein. Da regiert der Grüne Winfried Kretschmann. Und Christine Lieberknecht? Autsch! Bloß nicht erinnern. Deren Job hat ja jetzt Bodo Ramelow von der Linken.

Bleiben nicht viele. Annegret Kramp-Karrenbauer ist nach Volker Bouffier in Hessen die zweitmächtigste CDU-Ministerpräsidentin. Dabei regiert sie das niedliche Saarland. Erst im Osten gibt es noch zwei: Stanislaw Tillich in Sachsen und Reiner Haseloff in Sachen-Anhalt. Nie was von Haseloff gehört? Ja, das kann passieren.

In Hamburg hat es jetzt auch wieder nicht geklappt. Gut, das wäre auch utopisch gewesen. Die SPD hat ihre Stadt wieder fest in der Hand. Dank Olaf Scholz. Vor allem dank Olaf Scholz. Der passt zu Hamburg wie Seemannsgarn und Fischbrötchen. Mehr Hamburg geht gar nicht in einer Person.

Und dieser Herr Wer..., äh, Dietrich Wersich, Spitzenkandidat der CDU? Durchaus ambitioniert und talentiert. Ein Mann der Mitte. Nur ist die Mitte schon gerappelt voll in Hamburg. Mit Scholz, mit den Grünen. Und auch der FDP, die in Hamburg den letzten Strohhalm gereicht bekam.

Die Niederlage war geradezu vorhersehbar. Aber 15,9 Prozent? Das ist das schlechteste Ergebnis der CDU jemals. Schlimmer geht es kaum noch. Ach, doch. Die 12,4 Prozent, die die SPD zuletzt in Sachsen und Thüringen geholt hat. Ergebnisse von unter 20 Prozent, daran muss sich die CDU nur erst noch gewöhnen.

CDU fehlen die Koalitionspartner

Die CDU hat ein Problem in den Städten, heißt es. Stimmt. Die zehn größten Städte des Landes werden von Roten und Grünen regiert. Stimmt aber auch nicht. In Frankfurt regiert ein SPD-Bürgermeister. Aber im Rat der Stadt ist die CDU stärkste Kraft. Ähnlich ist es in Bonn, Stuttgart und Leipzig.

Der CDU fehlen die Koalitionspartner. Das hat natürlich mit der Schwäche der CDU tun, die in den Städten eben nicht mehr locker über 40 Prozent kommt. Da nutzt dann auch der Status stärkste Kraft nichts mehr.

Aber es hat auch mit der Erosion und dem Auseinanderfallen des bürgerlichen Lagers zu tun. Die FDP spielt in den wenigsten Fällen noch eine Rolle. Ihre Basis ist fast komplett weggebrochen. Ein jahrelanger Wiederaufbauprozess steht den Liberalen bevor.

FDP traut sich nicht auf braches Land rechts von der CDU

Die AfD ist für die CDU kein Koalitionspartner. Das hat Parteichefin Angela Merkel mehr als deutlich gemacht. Dass es sie überhaupt gibt, muss sich Merkel allerdings ankreiden lassen. Die AfD zieht zwar neben Nichtwählern auch Protestwähler von allen Parteien ab. Aber eben vor allem von der CDU.

Merkels Kurs, die CDU mehr links als rechts von der Mitte zu platzieren hilft ihr im Bund. Sie nutzt damit die Schwächen der SPD gnadenlos aus. Der Wahlerfolg von 2013 mit 41,5 Prozent ist das Ergebnis dieser Strategie. Rechts aber hinterlässt die CDU braches Land. Auf das sich die FDP nicht getraut hat. Und das dafür die AfD jetzt eilig beackert.

Im Bund geht Merkels Strategie auf. In den Umfragen hat die CDU seit der Wahl nichts an Zustimmung eingebüßt. Hält Merkel diese Werte - und nichts spricht dagegen - kann gegen sie nicht regiert werden.

Die Stärke der Merkel-CDU im Bund ist zugleich der Grund für die relative Schwäche der Ohne-Merkel-CDU in den Ländern und den Städten. Da sind die Christdemokraten auf sich allein gestellt. Merkel funktioniert im Bund. Aber einem Wersich kann auch sie nicht auf die Beine helfen.

Starke Männer hat Merkel kalt gestellt

Da rächt sich - nebenbei - auch, dass Merkel ehedem starke Männer der CDU einen nach dem anderen kalt gestellt hat. Außer Merkel gibt es heute keine Persönlichkeiten, die die CDU in ihrer Breite erlebbar machen. Selbst der einst so harte Knochen Volker Bouffier aus Hessen ist zu einem wachsweichen Landesvater geworden, seit er mit den Grünen regiert.

Die Bundes-CDU muss das nicht interessieren. Solange sie Merkel hat, wird sie Wahlen gewinnen. Zwei Bundestagswahlen kann sie locker noch bestehen - wenn sie will. Die wahre Stärke (oder Schwäche) der CDU aber wird sich erst zeigen, wenn Merkel nicht mehr will. Wenig spricht derzeit dafür, dass sie Merkels Abgang unbeschadet überstehen könnte.

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