Wahl in Weißrussland:"Wahlurnen nächtelang unbewacht"

Während sich Staatschef Lukaschenko bemüht, die weißrussische Parlamentswahl als gerecht darzustellen, beklagen Oppositionelle grobe Missstände.

Die Parlamentswahl in Weißrussland wird von heftiger Kritik der Opposition begleitet. Ein gleichberechtigter Wahlkampf sei nicht möglich gewesen, und zahlreiche Wahlberechtigte seien zu einer frühzeitigen Stimmabgabe gedrängt worden, sagte der Oppositionspolitiker Anatoli Lebedko.

Wahl in Weißrussland: Eine Weißrussin gibt bei einer mobilen Wahlstation in ihrem Dorf ihre Stimme ab

Eine Weißrussin gibt bei einer mobilen Wahlstation in ihrem Dorf ihre Stimme ab

(Foto: Foto: dpa)

Der autokratische Staatschef Alexander Lukaschenko, der das Land seit 14 Jahren regiert, hatte erklärt, die Abstimmung werde internationalen Standards gerecht werden. Bei der vergangenen Parlamentswahl hatte kein Lukaschenko-Kontrahent ein Mandat erringen können. Im Bemühen um eine Beschwichtigung der Kritik im Ausland ließ Lukaschenko dieses Mal 400 Wahlbeobachter der Organisation für Sicherzeit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu.

Es werde schwer für die Beobachter sein, die Parlamentswahl nicht anzuerkennen, sagte er bei der Stimmabgabe. Der frühere Präsidentschaftskandidat Alexander Kosulin äußerte derweil Zweifel daran, dass Kandidaten des Oppositionsblocks ins Parlament gewählt werden.

"Einige angebliche Oppositionelle werden es schaffen, was man der europäischen Gemeinschaft als große Errungenschaft verkauft. Aber es werden nur Kandidaten sein, die der Macht genehm sind", sagte Kosulin bei der Stimmabgabe.

Kosulin war auf Drängen der EU wenige Wochen vor der Wahl aus dem Gefängnis freigelassen worden. Er war wegen der Organisation einer nicht genehmigten Veranstaltung zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Oppositionspolitiker Lebedko erklärte, von einer tatsächlichen Wahl könne nicht gesprochen werden, "wenn Studenten, Soldaten und Arbeiter gezwungen werden, frühzeitig zu wählen, und wenn die Wahlurnen fünf Nächte lang nicht bewacht werden". Nach Angaben der Wahlkommission gaben mehr als 25 Prozent der rund sieben Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme bereits vor Sonntag ab.

EU sieht Wahl als Test

Weil die Opposition auch keine Vertreter in die Wahlkommissionen schicken durften, riefen die Oppositionsführer für Sonntagabend zu einer Protestkundgebung auf. 70 ihrer Kandidaten bewerben sich um einen der 110 Sitze im Parlament. Insgesamt stellten sich 263 Kandidaten zur Wahl.

Die EU sieht in dem Urnengang einen Test für den Willen der autoritär regierten früheren Sowjetrepublik, sich zum Westen zu öffnen. Brüssel hat im Gegenzug für Fortschritte in der Demokratie angeboten, die gegen die weißrussische Führung verhängten Strafmaßnahmen aufzuheben und dem Land Finanzhilfen zukommen zu lassen.

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