Sebastian Kurz:Der Stand-by-Kanzler

Er fuhr Geilomobil, übernahm rechtspopulistische Themen und könnte zum zweiten Mal Österreich regieren: Sebastian Kurz in Bildern.

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Parliamentary election in Austria

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Ex-Kanzler Kurz wird (wohl) auch der neue Kanzler Kurz. Die Zeit als Stand-by-Kanzler ist für Sebastian Kurz beendet. Mit seiner ÖVP ist der 33-Jährige klarer Sieger der Wahl. Im Vergleich zu 2017 erhält seine konservative ÖVP noch mehr Rückhalt aus der Bevölkerung. Rund 37 Prozent der Österreicher gaben der ÖVP ihre Stimme. Damit konnte die Partei rund fünf Prozentpunkte gegenüber 2017 zulegen. In einem ersten Auftritt auf der Wahlparty der ÖVP bedankte sich Kurz für das Vertrauen der Wähler: "Wir hatten mit einem guten Ergebnis gerechnet, aber das haben wir nicht erwartet."

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Der gebürtige Wiener gelangte im Alter von 31 Jahren an die Spitze der österreichischen Regierung. Kurz Bündnis mit der rechten FPÖ zerbrach jedoch schon im Mai 2019 an der von FPÖ-Chef und Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache verursachten Ibiza-Affäre. Kurz, in jungen Jahren plötzlich "Altkanzler", schaltete von Regieren auf Wahlkampf und tourte mit einer türkisfarbenen Kampagne durchs Land. Mit Erfolg: Der 33-Jährige wird die Amtsgeschäfte voraussichtlich wieder übernehmen - und hat dabei viele Koalitionsoptionen offen. Möglich ist ein erneutes Bündnis mit der FPÖ ebenso wie eine Große Koalition mit der SPÖ. Auch die erste Koalition mit den Grünen auf Bundesebene oder ein Bündnis aus Grünen und liberalen Neos ist denkbar.

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Dass Kurz wieder als strahlender Sieger dasteht, ist nicht selbstverständlich. Schließlich war er es, der die Koalition mit Straches FPÖ schmiedete und immer wieder gegen Kritik verteidigte - bis zur Veröffentlichung des Ibiza-Videos, in dem Strache einer vermeintlichen Oligarchin aus Russland Staatsaufträge in Aussicht stellte und um dubiose Spenden bat. In der Folge wurden auch fragwürdige Spendenkonstruktionen der ÖVP öffentlich sowie das Vorgehen eines Kurz-Mitarbeiters, der unter falschem Namen Festplatten des Kanzleramts schreddern ließ. Schon im Wahlkampf wunderten sich Beobachter, dass scheinbar nichts davon an Kurz hängen blieb. Auf seiner Tour durch Österreich präsentierte sich der adrette Kanzler als Mann ohne Makel, dessen Anhänger für ein Selfie mit ihm Schlange standen.

A man walks his dogs past election campaign posters of People's Party in Vienna

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Wohl kaum ein österreichischer Politiker legte eine derart steile Karriere hin. Kurz wurde 2013 Außenminister, im Juli 2017 übernahm er den Vorsitz der Österreichischen Volkspartei und schnitt sie voll auf sich zu: Bei der Parlamentswahl vor zwei Jahren trat die Partei an als "Liste Sebastian Kurz - Die neue Volkspartei (ÖVP)". Die Partei wurde mit 31,5 Prozent stärkste Kraft. Dieses Ergebnis konnte sie jetzt sogar noch deutlich verbessern.

Sebastian Kurz

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Für seine Polit-Karriere hat der Wiener sein Jurastudium unter- oder abgebrochen. Er saß zunächst im Wiener Gemeinderat und Landtag und führte den Parteinachwuchs an. 2010 fuhr er mit einem von ihm so benannten "Geilomobil" auf Wahlkampftour. 2011 wurde Kurz Teil der Regierung - bis 2013 fungierte er noch als Staatssekretär für Integration.

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In den Nationalrat wurde Kurz 2013 gewählt und anschließend zum Außenminister ernannt. Bei der Wahl gaben ihm etwa 35 700 Österreicher ihre "Vorzugsstimme", mit der auf dem Wahlzettel ein bestimmter Kandidat begünstigt werden kann. Kein anderer Abgeordneter ist mit so vielen Vorzugsstimmen gewählt worden.

Österreichischer Außenminister in der Ukraine

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Im Rahmen der österreichischen OSZE-Präsidentschaft besuchte er als Außenminister 2017 die Konfliktregion im Osten der Ukraine. Als einen seiner persönlichen Arbeitsschwerpunkte bezeichnete er aber die Beziehungen zum Westbalkan - der früheren Einflusssphäre des Großreichs Österreich-Ungarn.

Sebastian Kurz, Mitko Cavkov

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Mazedoniens Innenminister empfing Kurz 2015 medienwirksam, um ihm die Stelle der griechisch-mazedonischen Grenze zu zeigen, an der kurz zuvor Tausende Flüchtlinge festgehalten worden waren. Kurz stellt sich auch gern als Law-and-Order-Politiker dar und klingt bisweilen wie ein Rechtspopulist. Er sei "von Anfang an gegen offene Grenzen" gewesen, sagte er der SZ in einem Interview. Von den bereits in Österreich angekommenen Flüchtlingen forderte er "Integration durch Leistung".

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Innenpolitisch setzte Kurz ein "Integrationsgesetz" durch, das Flüchtlingen einen Rechtsanspruch auf Deutschkurse einräumt und sie zur Teilnahme verpflichtet. Das Verteilen des Koran in der Öffentlichkeit wurde ebenso verboten wie das Tragen einer Burka.​ Allerdings traf das Vermummungsverbot auch Maskottchen und Radfahrer. Kurz' rechtspopulistische Agenda der vergangenen Monate sollte FPÖ-Wähler ködern. Die rechte Partei warf ihm aber einen Satz vor, den er 2015 gesagt hat: "Der Islam gehört zu Österreich."

Austrian Chancellor Sebastian Kurz Visits Berlin

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Aber Kurz nutzte die Flüchtlingspolitik auch, um sich auf der europäischen Bühne zu profilieren. Als Außenminister setzte er sich vehement für die Schließung der sogenannten Balkanroute ein, über die Tausende Flüchtlinge nach Europa kamen, und stellte sich damit gegen Merkels Strategie, zuerst ein Abkommen mit der Türkei zu schließen. Als Kanzler lehnte Kurz 2018 den UN-Migrationspakt ab, den sein Land während der EU-Ratspräsidentschaft noch mitverhandelt hatte. In Deutschland hat ihm seine harte Haltung in der Flüchtlingspolitik aber durchaus Sympathien eingebracht. In konservativen Kreisen verkörpert Kurz das Idealbild eines (auf-)rechten Politikers.

NR-WAHL: NEUES WAHLWERBEVIDEO ZEIGT KURZ VON SEINER PRIVATEN SEIT

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Kurz' Kampagnen wirken ausgeklügelt, Kritiker nennen sie inhaltsarm. Wahlkampfveranstaltungen absolviert er geduldig und konzentriert - jeder soll ein Foto mit dem Spitzenkandidaten bekommen. Sein Auftreten ist stets freundlich. 2017 zeigte sich der kinderlose Kurz in einem Video auch als Familienmensch mit seinem Vater. Im laufenden Wahlkampf sorgte die Veröffentlichung einer "offiziellen" Kurz-Biografie für Spott. Das von der ÖVP gebilligte Buch einer Journalistin wurde aufgrund von Schmeicheleien im Internet mit dem Hashtag "50shadesofkurz" geteilt.

© SZ.de/jsa/fued/bemo/thba/lala/lwl
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