Wahl im Saarland:Es ist Wahl und kaum einer geht hin

Die Saarland-Wahl läuft - oder auch nicht: 800.000 Bürger sind am heutigen Sonntag im Saarland zur Abstimmung aufgerufen, doch die Wahlbeteiligung ist bislang enttäuschend. Beobachter begründen das mit dem Gefühl der Bürger, dass die große Koalition ja ohnehin schon feststehe. Dabei gibt es einige entscheidende Punkte, bei denen CDU und SPD konträre Haltungen haben.

Michael König, Saarbrücken

Gekämpft wird bis zum Schluss, selbst noch im Wahllokal. "Es wird knapp, aber wir werden die Nase vorn haben", sagt CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer vor dem Wahllokal in ihrem Wohnort Püttlingen. Ihr SPD-Herausforderer Heiko Maas gibt seine Stimme in Saarlouis ab und zeigt sich ebenfalls optimistisch: Es herrsche Wechselstimmung im Land. "Es wird ein knappes Wahlergebnis, aber die SPD wird vorne liegen", sagt Maas.

Etwa 800.000 Wahlberechtigte sind an diesem Sonntag im Saarland aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. CDU und SPD lagen bislang in Umfragen gleichauf. Sie haben angekündigt, ein Bündnis eingehen zu wollen. Die Linke könnte starke dritte Kraft werden. Grüne und FDP kämpfen um den Wiedereinzug in den Landtag, die Piraten könnten dort erstmals vertreten sein. Die Wahlbeteiligung fällt bis mittags "überschaubar" aus, wie das Wahlamt in Saarbrücken mitteilt. Sie habe bis 12 Uhr bei 14,85 Prozent gelegen. 2009 hatten zu diesem Zeitpunkt bereits 20,05 Prozent der Wähler abgestimmt. "Das hat wohl mit der Zeitumstellung zu tun", sagte eine Sprecherin des Wahlamts. Sie rechne damit, dass die Beteiligung am Nachmittag anzieht. Gegen 14 Uhr hatte die Beteiligung 31,1 Prozent erreicht - 2009 waren es zum gleichen Zeitpunkt 36,7 Prozent.

In der Musikhochschule von Saarbrücken schauen die Wahlhelfer gelangweilt in die Sonne. Die Beteiligung in den Bezirken 1331 und 1332 liegt hier mittags bei etwa 30 Prozent. "Viele Leute fragen sich, was sie überhaupt für eine Wahl haben, wenn die große Koalition schon feststeht", sagt einer der Helfer. "Und die Gestaltungsmöglichkeiten sind angesichts der Haushaltslage auch nicht so dolle."

Tatsächlich sind die Streitthemen rar gesät, nachdem sich CDU und SPD im Hinblick auf ein baldiges Bündnis stark angenähert haben. Die großen Parteien versprechen bessere Bildung, Maßnahmen zur Stärkerung der Wirtschaft und "stabile Verhältnisse" - nachdem die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen wegen andauernder Personalquerelen bei den Liberalen im Januar gescheitert war.

Dennoch gibt es entscheidende Punkte, über die die Bürger abzustimmen haben.

[] Die Schuldenfrage: Das Saarland ist mit mehr als 12 Milliarden Euro verschuldet, allein 500 Millionen Euro aus dem Haushalt sind für die Zinsentilgung eingeplant. Zwar haben alle Parteien signalisiert, die Schuldenbremse einhalten zu wollen - auch Linken-Chef Oskar Lafontaine nach anfänglichem Widerstand. Doch CDU und SPD haben angekündigt, den öffentlichen Dienst stark beschneiden zu wollen. Lafontaine hält dagegen: "Soziale Gerechtigkeit jetzt nur noch mit uns", steht auf den Plakaten seiner Partei.

[] Die Museumsfrage: Ein Rohbau am Saarufer könnte für Kramp-Karrenbauer zum Problem werden. Sie musste sich vor einem Untersuchungsausschuss gegen den Vorwurf verteidigen, Informationen zur Kostenexplosion beim Ausbau des Saarlandmuseums zurückgehalten zu haben. Maas forderte im SZ-Interview die Wähler dazu auf, mit ihrer Stimme auch über das Verhalten der Ministerpräsidentin in dieser Frage zu urteilen.

[] Die Personalfrage: Die Wähler könnten in einer Art "Direktwahl" über den Ministerpräsidenten abstimmen, schwärmte Kramp-Karrenbauer, die auf Plakaten mit dem Slogan "Echt. Klar. Mutig." für sich wirbt. Die SPD hält mit dem Slogan "Jetzt Heiko Maas" dagegen. Sie hätte auch "Jetzt endlich" schreiben können - für Maas ist es bereits der dritte Versuch nach 2004 und 2009, Ministerpräsident zu werden. Zwei Mal kam ihm Oskar Lafontaine in die Quere. Der hat mit 15 bis 16 Prozent in Umfragen zwar keine Chance, abermals Landesvater zu werden (von 1985 bis 1998 regierte er für die SPD). Aber dennoch ist "de Oskar" für viele Saarländer ein Grund, überhaupt zur Wahl zu gehen.

[] Die Oppositionsfrage: Grünen und FDP ist die Beteiligung an der Jamaika-Koalition erkennbar schlecht bekommen. Die Umweltpartei liegt in Umfragen bei fünf bis sechs Prozent. Die Liberalen kommen auf zwei bis drei Prozent und brauchen ein Wunder, um den Wiedereinzug noch zu schaffen. Ganz anders die Piraten: "Wir rechnen mit acht Prozent", hat Spitzenkandidatin Jasmin Maurer am Samstagnachmittag gesagt. Der saarländische Landtag wäre nach Berlin das zweite Landesparlament, das die Netzpartei entert.

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