Wahl bei Twitter und Facebook:"Wie gegen einen Lkw gelaufen"

Bei Twitter und Facebook kommentieren viele Politiker den Ausgang der Wahl. Den Chef der hessischen SPD hat es offenbar besonders hart getroffen.

Cornelius Pollmer

Die Wahl war gerade eine Viertelstunde vorbei, da hängte Guido Westerwelle schon wieder ein neues Plakat auf: Staatsmännisch schaut er darauf und neben ihm steht, in FDP-Blau: "DANKE Deutschland". Zu sehen gibt es das Plakat im Internet, auf Westerwelles offizieller Seite im Netzwerk Facebook.

Auch auf dem Profil von Bundeskanzlerin Angela Merkel sind Dankesworte an die Wähler der Union zu lesen und das gleich zweisprachig - auf Deutsch und, warum auch immer, auf Englisch.

Über den Einsatz des Web 2.0 im Wahlkampf ist viel diskutiert und geschrieben worden. Besonders oft betonten twitternde und bloggende Politiker dabei eines: Man werde das Internet nicht nur im Wahlkampf für politische Kommunikation nutzen, sondern auch darüber hinaus.

Tatsächlich laufen schon kurz nach der Wahl wieder viele Kommentare, Glückwünsche und Danksagungen auf den Profilseiten der Parteien ein. So feiert die nordrhein-westfälische FDP bei Twitter etwas weniger diplomatisch als ihr Bundesvorsitzender. Sie schreibt, ja, sie singt fast schon: "So sehen Sieger aus, schalalalalaa", heißt es dort. Und Hermann Otto Solms, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion glaubt seinen Twitter-Verfolgern versprechen zu müssen: "Sie können sich auf uns verlassen!"

Halina Wawzyniak, stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, ließ bei Twitter an ihrem Seelenleben teilhaben. "findet warten doof", schrieb sie über gestern Abend. Das Direktmandat in ihrem Berliner Wahlkreis hatte Hans-Christian Ströbele von den Grünen verteidigt. Wie sich herausstellte, schafft es Wawzyniak aber über die Landesliste der Linken in den Bundestag. Ihr Kommentar: "versucht ergebnis zu begreifen".

Deutlich leisere Töne sind bei Kandidaten und Mitgliedern der SPD zu vernehmen. Der ehemalige Juso-Vorsitzende Björn Böhning schrieb: "Die SPD braucht jetzt einen strukturellen Erneuerungsprozess."

Etwas drastischer formulierte Thorsten Schäfer-Gümbel, Landesvorsitzender der SPD Hessen, der nun auf keinen Fall wieder zur Tagesordnung übergehen will: "Desaster! Das war offensichtlich der letzte Warnschuss unserer Waehler. Uebergang zur TO ausgeschlossen. Fuehl mich wie gegen LKW gelaufen."

Blogger und SPD-Online-Beirat Sascha Lobo sprach bei Twitter von einem "vorläufigen amtlichen Enderlebnis" und fand nicht viel, worauf er sich jetzt freuen kann: "Aber seht doch auch mal das Positive an Schwarz-Gelb."

Auch Künstler und Werber reagierten im Netz auf die Wahl. Die Schriftstellerin Sibylle Berg kommentierte den Nicht-Einzug der rechtsextremen DVU in den Potsdamer Landtag: "ochh, DVU brandenburg, was macht ihr denn jetzt? nur noch paintballspielen im bunker?".

Und ein Elektronik-Unternehmen schaltete Anzeigen, die einen lachenden SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier mit einer Fernbedienung zeigen. Über seinem Kopf düst ein Modellflugzeug durch die Luft und es leuchtet der Satz auf: "Juhu - endlich Freizeit".

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