Waffenschmuggel:Mit 3000 Raketen durch das Rote Meer

Der Fund vor Israels Küste zeigt: Irans Staatsreederei spielt beim Waffenschmuggel im Nahen Osten eine große Rolle.

Peter Münch und Paul Anton Krüger

Die Francop ist wieder frei, der deutsche Frachter ist aus dem Hafen von Aschdod in Israel ausgelaufen, erleichtert um 40 Container mit schätzungsweise 300 Tonnen Waffen, darunter 3000 Raketen. Eine abenteuerliche Fahrt liegt hinter den elf Besatzungsmitgliedern, mit Gefahren, von denen sie offenbar nichts wussten, einem nächtlicher Zugriff, der sie völlig überraschte, und Verhören, die längst noch keine Antwort auf alle offenen Fragen in diesem Fall geliefert haben.

Waffenschmuggel: Unter der Ladung des FrachtersFrancopbefanden sich auch Artillerieraketen vom Kaliber 107 Millimeter, sogenannteKatjuschas, die mit Raketenwerfern verschossen werden können. Das israelische Militär präsentierte in Aschdod die beschlagnahmten Waffen und Munition.

Unter der Ladung des Frachters

Francop

befanden sich auch Artillerieraketen vom Kaliber 107 Millimeter, sogenannte

Katjuschas

, die mit Raketenwerfern verschossen werden können. Das israelische Militär präsentierte in Aschdod die beschlagnahmten Waffen und Munition.

(Foto: Foto: Reuters)

Klarheit herrscht nach Angaben der israelischen Armee über den Weg der Waffen. Ein Schiff der iranischen Staatsreederei Islamic Republic of Iran Shipping Line (IRISL) soll die Ladung vor etwa zehn Tagen in der südiranischen Hafenstadt Bandar-Abbas an Bord genommen haben. Die Route führte über den Indischen Ozean und das Rote Meer durch den Suez-Kanal in den ägyptischen Hafen Damietta. Dort wurde das Schiff entladen, dem Zoll wurde erklärt, die Container enthielten den Kunststoff Polyethylen. Das glaubte offenbar auch die Besatzung der Francop, sonst hätte sie kaum die explosive Fracht neben Ölbehältern gelagert. Sie nahm Kurs auf den syrischen Hafen Latakia. Doch auf halben Weg griff die israelische Marine zu.

Was sie auf dem Schiff fand, gilt in Israel als ein Beweis für die Urheberschaft dieses Waffenschmuggels. Zwar war die Beschriftung auf Raketen und Artilleriegeschossen in vielen Sprachen - darunter in Englisch, Spanisch, Russisch und Chinesisch. Die Waffen wurden wohl in verschiedenen Ländern beschafft. Doch die Container trugen die Aufschrift IRISL.

Der Fall der Francop wirft erneut ein Schlaglicht auf die Rolle der iranischen Staatsreederei bei illegalen Waffenlieferungen. Erst vor drei Wochen hatten zwei US-Kriegsschiffe den Frachter Hansa India der Hamburger Reederei Leonhardt und Blumberg im Golf von Suez aufgebracht.

In sieben Containern an Bord fanden die Soldaten Patronenhülsen des Kalibers 7,62 Millimeter, ein weiterer erhielt Rohlinge für die Geschosse. Daraus sollte offenbar in Syrien Munition für Kalaschnikows hergestellt werden, ob die Hisbollah oder die syrische Armee der Empfänger sein sollte, ist ungeklärt. Die Hansa India ist laut der Reederei seit Jahren an die IRISL verchartert.

Israel hatte nach dem Vorfall in Berlin Druck gemacht, Deutschland solle sich an der Aufklärung des Falles bei den Vereinten Nationen beteiligen. Aufgeflogen war der Schmuggel durch einen Tipp des israelischen Geheimdienstes.

London verhängte kurz nach dem Fund Handelsbeschränkungen gegen die iranische Schifffahrtsgesellschaft, weil sie Teherans Atom- und Raketenprogramm unterstütze. Britische Firmen dürfen demnach keine Geschäfte mit der Firma mehr machen. Unter Hinweis auf die Beteiligung der IRISL an Beschaffungsaktivitäten rief bereits die UN-Resolution 1803 vom März 2008 die Mitgliedstaaten auf, die Fracht auf Schiffen der Reederei zu überprüfen, um zu verhindern, dass Iran die Embargovorschriften unterläuft, die dem Land Waffenexporte ebenso verbieten wie Importe für sein Atom- und Raketenprogramm.

Die USA hatten die IRISL und 16 ihrer Tochterunternehmen bereits im September 2008 auf eine schwarze Liste gesetzt. Danach ist US-Firmen Handel mit der Firma verboten, ihr Vermögen wurde eingefroren. Das US-Finanzministerium warf der Reederei vor, systematisch Frachtpapiere zu fälschen, um seinen illegalen Dienst für das Verteidigungsministerium sowie Tarnfirmen des Raketen- und Atomprogramms zu verschleiern.

Die Firma hat solche Vorwürfe immer zurückgewiesen, zugleich aber nach Möglichkeiten gesucht, die Sanktionen zu umgehen. So stellte sie ihren Zahlungsverkehr von Dollar auf andere Währungen um. Aber auch die "engere Zusammenarbeit mit anderen Reedereien" sei eine Möglichkeit, sagte damals der Direktor der IRISL, Mohammed-Hussein Daajmar. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben die größte Reederei im Nahen Osten und unterhält eine Flotte von mehr als 140 Schiffen. Die Tonnage reicht aber offenbar nicht, um den Bedarf zu decken; auch darum chartert die IRISL immer wieder Schiffe im Ausland.

Mit den Containern auf der Francop aber will IRISL trotz aller Indizien nichts zu tun gehabt haben. Mittlerweile hat nicht nur Iran jegliche Beteiligung dementiert, sondern auch Syrien und die libanesische Hisbollah. Die Terrormiliz hat es sich aber nicht nehmen lassen, "die israelische Piraterie in internationalen Gewässern" zu verurteilen.

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