Waffenhilfe:Ohne Garantie

Nun rüstet der Westen die Kurden auf, damit sie sich gegen Waffen wehren können, die ursprünglich aus dem Westen stammen. Was für eine Volte. Aber was wäre die Alternative?

Von Joachim Käppner

In der Kultserie "Modern Family" sagt eine der Hauptfiguren: "Ich wünschte, meine Mutter wäre jetzt hier. Dann würde ich sehen, wie man dieses Problem auf gar keinen Fall lösen sollte." Man fühlte sich daran erinnert, als jüngst bayerische Politiker Saudi-Arabien bereisten und als eine Art Märchenland beschrieben, jedenfalls hinsichtlich seiner Eignung als Absatzmarkt deutscher Waffen. Die Saudis sind seit Langem an Leopard-II-Panzern made in Germany interessiert. Moralische Kritik ließ Ministerpräsident Horst Seehofer an sich abperlen: Er sei nicht der "Oberlehrer" für einen souveränen Staat - der allerdings in Jemen Krieg führte und einen Blogger zu 1000 Peitschenhieben verurteilt hat.

Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete sind meist eine sehr zweifelhafte Sache. Die Unterstützung der irakischen Kurden gegen die Terrormiliz IS mittels deutscher Gewehre und Panzerabwehrraketen - gerade wurde die Aufstockung dieser Hilfe beschlossen - ist freilich etwas anderes. Es geht nicht um Exportpolitik und Gewinne, sondern um kostenfreie Lieferungen aus älteren Beständen der Bundeswehr; Deutschland handelt als Teil einer internationalen Koalition gegen den IS. Das Argument etwa der Linken, es gebe keine Garantie, dass dieses Gerät nicht in falsche Hände gerät, ist durchaus verständlich: Es gibt tatsächlich keine solche Garantie.

Bei Gewehren für die Kurden ist wenigstens nicht Geld das Motiv

Andererseits haben die kurdischen Peschmerga im Irak auch mit Hilfe dieser Waffen den IS bislang daran gehindert, ihre autonome Region zu überrennen. Sie kämpfen um ihr Leben, ihre Freiheit, ihr Land, und sie schützen Hunderttausende Flüchtlinge vor diesem "Kalifat". Daher sind Waffenlieferungen an die Peschmerga bei allen Bauschschmerzen gerechtfertigt, zumindest das kleinere Übel.

Immerhin war die Debatte darüber offen und transparent, der Bundestag hat mit sehr großer Mehrheit zugestimmt. Transparenz und demokratische Kontrolle sind das, was der Praxis der Waffenexporte bislang zu sehr fehlt. Bei der Ausfuhr von Militärgerät gehört die Bundesrepublik weltweit zu den führenden Nationen, leider. Ein Gutteil davon geht nämlich in Länder, die nach den deutschen Richtlinien diese Waffen eigentlich gar nicht bekommen dürften. Der Genehmigungsprozess ist deshalb gewollt intransparent.

Immerhin zeichnen sich in der Bundesregierung erste Einsichten ab, dass es so nicht weitergeht. Wer dagegen, wie die Bayern bei den Saudis, den Realpolitiker spielt, der aus strategischen wie ökonomischen Erwägungen Waffen an fragwürdige Abnehmer verkaufen will, kann sich leicht täuschen. Die Mullahs in Iran übernahmen dankend all das High-Tech-Militärgerät, mit dem der Westen den Schah aufgerüstet hatte. Im Irak fahren IS-Terroristen mit erbeuteten Panzern herum und schießen mit schwerer Artillerie, beides hinterließen die USA der Zentralregierung in Bagdad, zur "Stabilisierung" des Landes. Jetzt rüstet der Westen die Kurden auf, damit sie sich vor diesen Waffen schützen. Welch eine Volte. Aber was wäre die Alternative?

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