Waffenexporte:Weniger deutsche Kleinwaffen für Nahost

Deutsche Firmen dürfen deutlich weniger Kleinwaffen in die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas exportieren als noch vor einem Jahr. Die Linkspartei übt trotzdem scharfe Kritik an der Bundesregierung.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Deutsche Firmen dürfen deutlich weniger Kleinwaffen in die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas exportieren als noch vor einem Jahr. Der Gesamtwert der Genehmigungen für Ausfuhren von Kleinwaffen und Kleinwaffenteilen dorthin sank im ersten Halbjahr 2014 auf ein gutes Achtel des Vergleichswerts aus dem ersten Halbjahr 2013.

Während damals Exporte im Wert von 1,59 Millionen Euro in die sogenannten Mena-Staaten (Middle East and North Africa) genehmigt wurden, waren es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres nur noch Genehmigungen im Wert von gut 206 000 Euro. Die Genehmigungen bezogen sich auf Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate, Libanon, Saudi-Arabien und Jemen, wobei es in den Fällen Libanon und Jemen um Missionen der Vereinten Nationen ging. Dies geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Bei ihrer Definition von Kleinwaffen folgt die Bundesregierung der EU und fasst darunter unter anderem Maschinenpistolen, Maschinengewehre sowie voll- und halbautomatische Waffen. Der Export von Kleinwaffen ist international besonders umstritten, weil ihnen, verglichen mit schweren Waffen, weltweit mit Abstand die meisten Menschen zum Opfer fallen.

Von 520 000 Euro auf 54 000 Euro

Der Wert der Genehmigungen für den Export von Kleinwaffen und Kleinwaffenteilen nach Saudi-Arabien sank von gut 520 000 Euro im ersten Halbjahr 2013 auf etwa 54 000 Euro im ersten Halbjahr 2014. Nach Angaben des Ministeriums handelte es sich um "10 185 Stück Kleinteile für Gewehre im Rahmen einer Lizenzfertigung". Auch der Gesamtwert der Genehmigungen für den Export von Kleinwaffenmunition in die Mena-Staaten nahm ab, allerdings nicht so signifikant: Von 51 135 Euro im ersten Halbjahr 2013 sank er im ersten Halbjahr 2014 auf 40 078 Euro.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zu Beginn der Legislaturperiode das Ziel einer restriktiveren Rüstungsexportpolitik vorgegeben. Er will weniger Ausfuhren in sogenannte Drittstaaten, also in Länder, die weder Mitglied der EU noch der Nato und auch nicht, wie etwa Australien, der Nato gleichgestellt sind. Der Regierungspartner Union sieht diese Politik kritisch, während die Opposition Gabriel immer wieder vorwirft, keine echte Kehrtwende einzuleiten.

Trotz des deutlich gesunkenen Werts der Genehmigungen für Exporte in die Mena-Staaten sieht die Linke diesen Verdacht auch durch die aktuelle Antwort des Wirtschaftsministeriums bestätigt: Die Fraktion hatte auch den Gesamtwert aller Genehmigungen für die Ausfuhr von Kleinwaffen und Kleinwaffenteilen sowie Munition abgefragt, unabhängig von den Bestimmungsländern. Dieser Wert ist im ersten Halbjahr 2014 auf gut 39 Millionen Euro gestiegen, während er im ersten Halbjahr 2013 bei etwas mehr als 27 Millionen Euro gelegen hatte.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken griff den Wirtschaftsminister wegen dieses Werts an: "Sigmar Gabriel verschaukelt doch die Republik, wenn er nach außen den Kritiker von Rüstungsexporten gibt, dann aber den Export von Kleinwaffen sogar noch steigert." Gabriels "Gerede von einer angeblich restriktiven Rüstungsexportpolitik" sei "nur hohles Geschwätz", sagte van Aken. "Weniger Lieferungen in den Mittleren Osten sind nicht mehr als Symbolpolitik, wenn dafür umso mehr Waffen in den Rest der Welt geliefert werden." Allerdings konnte das Wirtschaftsministerium nicht aufklären, welcher Anteil der Genehmigungen sich auf Drittstaaten bezog - ob also womöglich ein erheblicher Anteil Nato-Partner betraf.

Zudem verwies das Ministerium darauf, dass der Wert aller Genehmigungen zur Ausfuhr von Kleinwaffen, Kleinwaffenteilen sowie der Munition im gesamten Jahr 2013 bei mehr als 82 Millionen Euro gelegen habe. Nehme man dies als Grundlage, sei der Gesamtwert der Genehmigungen im ersten Halbjahr 2014 eben nicht gestiegen.

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