Wahl in Österreich:Wer in Österreich wen gewählt hat

Austria Holds Legislative Elections

Seine Strategie hat sich gelohnt. Sebastian Kurz wird wohl der nächste österreichische Kanzler.

(Foto: Getty Images)
  • Der ÖVP-Kandidat Sebastian Kurz profitiert von seinem Image als Hardliner in der Flüchtlingspolitik.
  • Die FPÖ ist inzwischen die neue Arbeiterpartei. In diesem Bevölkerungsteil erhielt sie 59 Prozent der Stimmen.

Von Katharina Brunner (Grafik) und Benjamin Moscovici

Österreich ist nach rechts gerutscht. Bei den Nationalratswahlen in Österreich erhielten Konservative und Rechtspopulisten gut zwei Drittel der Stimmen. Eine mächtige Basis für eine Regierung rechts der Mitte. Aber woher kommt der Wahlerfolg von ÖVP-Chef Sebastian Kurz? Wer sind die Wähler, die für die rechtspopulistische FPÖ und ihren Vorsitzenden Heinz-Christian Strache gestimmt haben und sich vom harten Kurs gegen Migranten überzeugen ließen?

Zahlen des Sora-Instituts, das im Auftrag des ORF mehr als 1200 Wähler zu ihren Wahlentscheidungen und Motiven befragt hat, zeigen: Hinter dem Wahlerfolg von Sebastian Kurz steht keine einzelne Bevölkerungsgruppe. Er konnte vielmehr in allen Generationen und quer durch die Berufsgruppen punkten. 33 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen gaben ihre Stimme der ÖVP. Es war das beste Ergebnis bei den weiblichen Wählern seit 2006. Bei den bis 29-Jährigen holte die Partei 28 Prozent, bei den 30 bis 59-Jährigen 31 und bei den über 60-Jährigen 36 Prozent.

Die sogenannte Wählerstromanalyse zeigt, dass die ÖVP besonders Nichtwähler mobilisieren konnte - hier gewann sie 102 000 Stimmen hinzu. Aber auch bei der rechtspopulistischen FPÖ konnte die ÖVP viele Stimmen abgreifen, ebenso wie bei den Grünen. Die FPÖ wiederum konnte bei den Sozialdemokraten viele Wähler abwerben.

ÖVP und FPÖ hatten den Wahlkampf mit demselben zentralen Thema bestritten: Migration. Beide Parteien hatten gemeinsam einen schärferen Ton gegen Flüchtlinge angeschlagen und eine deutlich härtere Gangart in der europäischen Migrationspolitik gefordert. Sebastian Kurz, bislang österreichischer Außenminister, war maßgeblich für die Schließung der Balkanroute verantwortlich.

Der monothematische Wahlkampf hat die Stimmung im Land anscheinend nicht nur gut aufgegriffen, sondern sich auch ausgezahlt. Kein anderes Thema ist im österreichischen Wahlkampf so heiß diskutiert worden wie die Zuwanderung. Fast 60 Prozent der vom Sora-Institut Befragten gaben an, während der zurückliegenden Wochen und Monate intensiv über Asyl und Flüchtlinge gestritten zu haben. Die FPÖ ist mit ihrem klaren Anti-Migrationskurs vor allem in zwei Bevölkerungsgruppen erfolgreich gewesen. Wie schon bei früheren Wahlen hat die FPÖ unter Arbeitern besonders gut abgeschnitten. Insgesamt gaben hier 59 Prozent ihre Stimme den Freiheitlichen. Die Sozialdemokraten, die klassischen Vertreter der Arbeiter, kamen in dieser Bevölkerungsgruppe nur noch auf 19 Prozent. Auch bei den jungen Wählern können die Sozialdemokraten kaum punkten. Österreich fügt sich damit ein ins größere europäische Bild einer schwachen Sozialdemokratie und eines erstarkenden Rechtspopulismus.

Aber anders als in Deutschland, wo die AfD besonders gut bei älteren Wählern ankommt, ist die FPÖ in Österreich in keiner Altersgruppe so stark wie bei den Jungen. 30 Prozent der unter 29-Jährigen machte ihr Kreuz bei den Rechtspopulisten. Bei den über 60-Jährigen stimmte hingegen nur ein Fünftel für die FPÖ. Anders als in Deutschland verfängt der ausländerfeindliche Diskurs in Österreich auch bei Frauen. Insgesamt gaben 22 Prozent der Wählerinnen ihre Stimme der FPÖ.

Die Wahl zeigt auch: Wer wie Kurz die Bürger bei ihren Ängsten rund um die Themen Migration, Integration und Flüchtlingen abholt, kann politisch ordentlich zulegen.

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