Vorwahl der Republikaner in South Carolina:Gingrich bricht Romneys Dominanz

Die Kandidatenkür der Republikaner ist wieder offen: Die Vorwahl in South Carolina leitet einen Zweikampf zwischen Newt Gingrich und Mitt Romney ein. Nur einer wird Präsident Obama herausfordern. Gingrich überzeugt viele Wähler mit guter Rhetorik und Leidenschaft. Romney muss in den nächsten TV-Debatten eine bessere Figur machen, sonst kann er trotz voller Wahlkampfkasse verlieren.

Matthias Kolb, Washington

Die Amerikaner lieben Abkürzungen. Seit drei Jahren steht das Kürzel "ABO" unter Republikanern hoch im Kurs: Anyone But Obama - egal wer, Hauptsache nicht Obama. Zuletzt drehte sich bei den Konservativen allerdings ebensoviel um "ABR": Anyone But Romney. Über Monate hinweg konnte der frühere Gouverneur von Massachusetts beobachten, wie Bewerber, unter ihnen Michele Bachmann, Herman Cain und Rick Perry, zum Höhenflug ansetzten und kläglich scheiterten. Mitt Romney blieb der Favorit - ungeliebt und ungefährdet zugleich.

US-Vorwahlen der Republikaner

Die ersten beiden Vorwahlen in Iowa und New Hampshire liefen gut für den Multimillionär. Und noch vor einer Woche lag er auch in South Carolina weit vorn. Doch in den vergangenen Tagen wendete sich das Blatt. Das eindeutige Ergebnis der Primary zeigt: Der ABR heißt Newt Gingrich.

Der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses gewann mit 13 Punkten Vorsprung auf Romney, weil er die beiden TV-Debatten genutzt hatte, um sich als die konservative Alternative zu US-Präsident Barack Obama zu profilieren, Romney wegen seiner Vergangenheit als Finanzinvestor zu attackieren und auch vor rassistischen Untertönen nicht zurückschreckte.

Mit einem starken rhetorischen Konter in der CNN-Diskussion und harscher Medienschelte, mit dem er die Aussagen seiner Ex-Ehefrau über Untreue zurückwies, hat der 68-Jährige viele Wähler in South Carolina überzeugt: Die Mehrheit der evangelikalen Christen stimmte für Gingrich, der bereits zum dritten Mal verheiratet ist - und nicht etwa für Rick Santorum, den eigentlichen Liebling der Evangelikalen.

Schock für Romney

Die Analyse des Ergebnisses von South Carolina ist ein Schock für Romney und seine Strategen: Etwa die Hälfte der Wähler war bis zuletzt unentschlossen - und die meisten votierten dann für Gingrich. Dieser war nicht nur der beliebteste Kandidat unter den Tea-Party-Anhängern, sondern erhielt auch die meisten Stimmen der Wählerinnen - trotz seiner Frauengeschichten. Zugleich gaben viele an, dass sie Gingrich nicht nur für den besseren Konservativen halten - sie trauen ihm auch eher als Romney zu, Obama am 6. November zu besiegen. Damit wackelt das wichtigste Argument des Romney-Lagers.

Gingrich, den viele nach dem schleppenden Beginn seiner Kampagne und dem enttäuschenden Abschneiden in Iowa schon abgeschrieben hatten, reist nun mit breiter Brust nach Florida, wo am 31. Januar die nächste Primary stattfindet. Auf vielen Kundgebungen im Sunshine State sowie bei zwei Fernsehdebatten wird der 68-Jährige versuchen, Romneys Vorsprung aufzuholen: Dieser verfügt über eine prall gefüllte Kasse, wird von vielen lokalen Amtsträgern unterstützt und hat schon viele Wähler dazu gebracht, vorab für ihn zu stimmen.

Viele Wähler sind unentschlossen

Allerdings hat die Abstimmung in South Carolina gezeigt, wie fluide das Bewerberfeld und wie unentschlossen viele Anhänger der "Grand Old Party" (GOP) sind. Die erhitzten Debatten und das große Medieninteresse führten auch dazu, dass die Wahlbeteiligung in dem konservativen Südstaat deutlich gestiegen ist - was ebenfalls Gingrich zugute kam.

Republican U.S. presidential candidate and former House Speaker Gingrich gestures during during his victory speech at his South Carolina Primary election night rally in Columbia

Mit einem rhetorischen Konter und harscher Medienschelte hat Newt Gingrich viele Wähler im Bundesstaat South Carolina überzeugt.

(Foto: REUTERS)

Der wird nicht nachlassen, Romney als den reichen "Moderaten aus Massachusetts" mit Mini-Steuersatz abzutun und ihn bei jeder Gelegenheit aufzufordern, seine Steuererklärung zu veröffentlichen. Zu diesem Schritt drängen Romney auch die beiden übrigen Kandidaten, Ron Paul und Rick Santorum, die nicht ans Aufgeben denken.

Solange Romney keine überzeugenden Antworten auf diese Fragen geben kann, nutzt ihm seine gut geölte Wahlkampfmaschine ebensowenig wie die Tatsache, dass Herausforderer Gingrich in manchen Staaten gar nicht zu Primaries antritt. Gelingt es ihm jedoch diese Flanke zu schließen, könnte auch der Stern von Newt Gingrich wieder sinken.

Das Ergebnis von South Carolina zeigt, dass das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der GOP längst noch nicht entschieden, sondern wieder völlig offen ist. Der zweite Sieger dieses Wahlabends sitzt im Weißen Haus: Barack Obama kann in Ruhe an seiner für Dienstag geplanten "Rede an der Nation" arbeiten und darauf setzen, dass sich die konservativen Bewerber noch einige Wochen lang gegenseitig mit harten Bandagen bekämpfen werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: