Vorschlag für Wulffs Weihnachtsansprache:"Ich bitte um Entschuldigung"

An diesem Mittwoch hält der Bundespräsident seine Ansprache, die am ersten Weihnachtsfeiertag ausgestrahlt wird. Nach der Kredit- und der Buchaffäre ist sie vielleicht die letzte Chance für Christian Wulff, Vertrauen zurückzugewinnen. Wir helfen dem Bundespräsidenten mit einem schonungslos ehrlichen Vorschlag für seine Ansprache.

Thorsten Denkler

An sich sind Weihnachtsansprachen keine große Sache für Bundespräsidenten. Ein paar Sätze zur Lage der Nation, ein wenig Rückblick, die besten Wünsche für das kommende Jahr. Dazu noch aufmunternde Worte für diverse Randgruppen. Hauptsache mit einem Hoffnung gebenden Lächeln enden.

Bundespräsident Christian Wulff

Am 25.12. um 20:10 Uhr überträgt die ARD die echte Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten. Dann wird sich zeigen, ob er sich von dem Vorschlag unten hat inspirieren lassen.

(Foto: dpa)

Dieses Jahr wird das ein wenig anders sein. Bundespräsident Christan Wulff ist durch Kredit- und Buchaffäre angeschlagen. Seine Glaubwürdigkeit ist in Frage gestellt. Die Weihnachtsansprache ist vielleicht seine letzte Chance, Vertrauen zurückzugewinnen. An diesem Mittwoch wird sie aufgezeichnet.

Weihnachten ist das Fest der Liebe. Da helfen die Menschen einander. Und wir helfen dem Bundespräsidenten. Bevor es zu spät ist. Mit einer Ansprache, die schonungslos ehrlich ist. In der er nicht herumredet. In der er Schluss macht mit der Salami-Taktik.

Herr Bundespräsident, hier unser Vorschlag für Sie.

"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Sie sitzen vermutlich gerade im Kreise Ihrer Lieben, der Tannenbaum ist geschmückt, die Lichter brennen. Vielleicht kommen Sie gerade mit Gottes Segen aus der Kirche. Die Kinder warten gespannt auf ihre Geschenke.

Viele von Ihnen haben eine Zeit der Sorge hinter sich. Da sind nächste Angehörige, die auf Ihre Hilfe angewiesen sind, oder deren Hilfe Sie brauchen. Da ist die große Krise der Finanzmärkte, die uns alle umtreibt.

Vielleicht sorgen Sie sich auch um mein Amt, das Amt des Bundespräsidenten.

An dieses Amt werden höchste Ansprüche gestellt. Der Amtsinhaber sollte moralisch integer sein, der Wahrheit verpflichtet und Vorbild sein für alle Bürgerinnen und Bürger des Landes.

Sie haben in den vergangenen Wochen viel über mich lesen müssen, das diesen Ansprüchen nicht gerecht wird. Es geht um einen privaten Kredit, den ich von einer befreundeten Familie angenommen habe. Es geht um meine Nähe zu Persönlichkeiten aus der Wirtschaft. Um Urlaubsreisen und Flüge, die ich ohne diese Freunde so vielleicht nicht gemacht hätte.

Ich sage es hier ganz klar und in aller Demut: Ich bin den hohen moralischen Ansprüchen an dieses Amt nicht gerecht geworden. Dafür möchte ich mich bei Ihnen, den Bürgern der Bundesrepublik Deutschland, entschuldigen.

Ich habe schwere Fehler gemacht, schon in meiner Zeit als Ministerpräsident des Landes Niedersachsen. Mit Carsten Maschmeyer und Joachim Hunold habe ich mir die falschen Freunde gesucht.

Ich komme aus kleinen Verhältnissen, meine Eltern haben sich früh getrennt. Als Jugendlicher habe ich jahrelang meine Mutter gepflegt. Es geht mir nicht um Mitleid, es geht mir um Verständnis. Ich war geblendet von dem, was diesen Männern möglich war, mir aber trotz höchster öffentlicher Ämter verwehrt blieb.

"Ich möchte Sie um eine zweite Chance bitten"

Nach der Scheidung von meiner ersten Frau fehlte mir das Geld, um mir mit meiner neuen Frau Bettina ein Leben in den eigenen vier Wänden selbst leisten zu können. Deshalb lieh ich mir Geld von meinem Freund Egon Geerkens. Es war ein Geschäft unter Freunden. Er hatte etwas davon, weil es ihm eine höhere Rendite einbrachte als bei der Bank. Ich hatte etwas davon, weil der Zinssatz günstiger war und Egon Geerkens keine Sicherheiten verlangte.

Natürlich war mir bewusst, dass da ein falscher Eindruck entstehen konnte, wenn der Ministerpräsident eines Landes so einen Kredit annimmt. Deshalb haben wir den Kredit über seine Frau abgewickelt. Der Kredit und die Vertuschung waren schwere Fehler. Ich habe den niedersächsischen Landtag über die wahren Hintergründe getäuscht. Auch die Parlamentarier in meiner Heimat bitte ich um Entschuldigung.

Ich möchte mich bei Ihnen ganz grundsätzlich dafür entschuldigen, dass ich als Ministerpräsident Niedersachsens Entscheidungsträgern in der Wirtschaft eine so große Nähe zu mir zugelassen habe. Dass dadurch nun der Eindruck entsteht, ich sei nicht in allen meinen Entscheidungen unabhängig gewesen, kann ich sehr gut verstehen. Insbesondere kann ich den Ärger vieler Menschen darüber nachvollziehen, dass mein damaliger persönlicher Freund Carsten Maschmeyer eine Anzeigenkampagne für mein Buch bezahlt hat.

Auch dafür muss und will ich mich bei Ihnen entschuldigen.

Die Fehler, die ich gemacht habe, würde ich jedem anderen Politiker schwer anlasten. Ich selbst habe schon Rückritte von führenden Politikern gefordert. Ich verstehe sehr gut, wenn solche Forderungen jetzt gegen mich erhoben werden.

Und dennoch möchte ich Sie bitten, mir erneut Ihr Vertrauen zu schenken. Ich möchte Sie um eine zweite Chance bitten. Nicht weil ich Sie persönlich verdient hätte. Sondern weil es wohl niemanden gibt, der nicht fehlbar wäre. Ich bin nicht nur den höchsten Ansprüchen an das Amt nicht gerecht geworden. Ich bin auch meinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht geworden.

Ich will Ihnen ein besserer Präsident sein, als ich es bisher war. Dafür will ich mich fortan mit aller Kraft einsetzen.

Meine Familie, meine Frau Bettina, die Kinder, ich, wir alle wünschen Ihnen ein gesegnetes Weihnachtfest und ein frohes neues Jahr."

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