Vorschlag für Finanzplanung:London will EU-Haushalt kappen

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Großbritannien ist zu Kürzungen am umstrittenen Britenrabatt bereit - aber nur wenn der EU-Haushalt insgesamt drastisch gekürzt wird. EU-Kommissionspräsident Barroso nannte den Vorschlag inakzeptabel.

Großbritannien will den EU-Haushalt von 2007 bis 2013 im Vergleich zu früheren Überlegungen drastisch kürzen und fordert dabei auch Abstriche der zehn neuen Mitgliedstaaten.

Dies sieht der Kompromissvorschlag vor, den der amtierende EU-Ratsvorsitzende und britische Außenminister Jack Straw in London vorstellte. Vorgesehen ist darin ein Haushalt von insgesamt 846,8 Milliarden Euro, rund 25 Milliarden Euro weniger als zunächst vorgesehen.

Die zehn neuen Mitgliedstaaten müssten sich danach auf etwa zehn Prozent weniger Strukturhilfen einstellen. Großbritannien ist seinerseits bereit, insgesamt acht Milliarden Euro mehr nach Brüssel zu überweisen.

Festhalten am Britenrabatt

"Die britische Regierung erkennt ihre Verantwortung an, einen fairen Beitrag an den Kosten der Erweiterung zu übernehmen", sagte Straw. Am umstrittenen Britenrabatt soll grundsätzlich aber festgehalten werden. Die 846,8 Milliarden Euro entsprechen 1,03 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE). 2008 oder 2009 soll die Struktur des Budgets auf den Prüfstand gestellt werden, einschließlich die Agrarausgaben.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nannte den Vorschlag inakzeptabel. "Er ist einfach nicht realistisch", sagte Barroso in Brüssel. Würde ein solcher Haushalt beschlossen, käme dabei ein "Mini-Europa" heraus, "und nicht das starke Europa, das wir brauchen". Vor allem die Kürzungen bei den Strukturhilfen für die neuen Mitgliedstaaten kritisierte der Kommissionspräsident.

Der Vorschlag vom Sommer, den die damalige Luxemburger EU-Ratspräsidentschaft vorgelegt hatte, sah noch Ausgaben von 871 Milliarden Euro oder 1,056 Prozent des BNE vor. Nimmt man die tatsächlich geplanten Zahlungen im britischen Vorschlag, summieren sich diese sogar auf nur 807 Milliarden Euro oder 0,98 Prozent des BNE.

Die großen Nettozahler Deutschland, Schweden und die Niederlande sollen dahingehend entlastet werden, dass sie weniger von den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer nach Brüssel überweisen müssen.

Schweden und die Niederlande sollen darüber hinaus weitere Entlastungen enthalten. Neben Großbritannien hatten auch Schweden und die Niederlande den Vorschlag der Luxemburger Präsidentschaft im Juni abgelehnt. Der Rabatt Großbritanniens beträgt derzeit rund 5,5 Milliarden Euro. Ohne Korrektur würde er bis 2013 um mehrere Milliarden Euro steigen.

Sondertreffen der Außenminister

Der neue polnische Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz hatte bereits am Nachmittag mit seinem Veto gedroht, sollte der Vorschlag auf weniger Finanzhilfen für die zehn neuen EU-Staaten hinauslaufen. "Wir stimmen mit einem solchen Vorschlag nicht überein", sagte der Regierungschef in einem Radiointerview. Er appellierte an die reicheren Mitgliedstaaten, Solidarität zu zeigen.

Blair hatte für Abstriche am Britenrabatt bislang eine radikale Reform des EU-Haushalts und damit einhergehend weitere Kürzungen des üppigen Agrarbudgets zur Bedingung gemacht. Dagegen wehrte sich vor allem Frankreich. Von seiner Forderung ist Blair mittlerweile aber offenbar wieder abgerückt.

Großbritannien hatte den Rabatt 1984 eingeräumt bekommen, weil das Land weit weniger von den Brüsseler Agrarbeihilfen profitiert als andere Mitgliedstaaten.

Die EU-Außenminister kommen an diesem Mittwoch in Brüssel zu einem Sondertreffen zusammen, um erstmals über den neuen Vorschlag zu beraten. Eine Einigung ist auf dem EU-Gipfel am 15. Und 16. Dezember geplant. Sollte dies erneut nicht möglich sein, könnte die Auszahlung vieler EU-Mittel von 2007 an in Gefahr geraten.

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