Vor NSA-Debatte im Bundestag:Schaar kritisiert "kontrollfreie Räume"

Der neue Bundestag diskutiert erstmals über die Spionage-Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA in Deutschland. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar will die Überwachung durch einen gemeinsamen europäischen Rechtsrahmen begrenzen. Auch die Grünen kommen mit einer konkreten Forderung zur Sondersitzung.

An diesem Montag debattieren die Abgeordneten im Bundestag über die US-Spionage in Deutschland. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, geht mit einem speziellen "Unterrichtungs"-Dokument in die Sitzung. Darin kritisiert er das gegenwärtige deutsche Kontrollsystem scharf.

Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat bereits sein Ziel für die Debatte formuliert: einen gemeinsamen Beschluss aller Fraktionen, dass der Bundestag mit dem US-Kongress in direkten Kontakt treten solle. "Auch ohne neue Bundesregierung müssen wir über eine Perspektive sprechen, wie es in der Affäre weitergehen soll", sagte Hofreiter der Frankfurter Rundschau.

Schaar drängt in seinem 17-seitigen Papier auf eine Aufklärung aller Vorwürfe und eine "engere Kooperation der parlamentarisch bestellten Kontrollorgane". Es gebe derzeit, datenschutzrechtlich gesehen, "erhebliche kontrollfreie Räume". Schaar fordert in seinem Papier, dass die Bundesregierung den Bundestag und alle Kontrollorgane fortlaufend und eng in alle Maßnahmen einweihen müsse. "Für das Gemeinwesen steht zu viel auf dem Spiel, als dass darauf verzichtet werden dürfte, jetzt alle nationalen Ressourcen zu bündeln."

Die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten dürfe nicht dazu führen, dass durch Aufgabenteilung rechtliche Hürden übersprungen werden - Schaar spricht von "Befugnis-Hopping". Für die Bürger seien die Wege der Datenströme nicht erkennbar. Ein in Deutschland geführtes Telefonat könne beispielsweise über einen Server in den USA geleitet werden. "Mit großem Interesse" beobachte er daher Überlegungen,innerdeutsche Telekommunikation nur noch über ein deutsches Server-Netz zu führen.

Ob man allerdings je den Spionageaktivitäten beikommen wird, die andere Staaten in Deutschland aus ihren Botschaften heraus betreiben? Wegen des besonderen Schutzes der diplomatischen Vertretungen sei die "Sach- und Rechtsaufklärung praktisch unmöglich", heißt es in dem Papier des Datenschutzbeauftragten. Und auch beim Austausch zwischen den Geheimdiensten könnten nationale Beschränkungen umgangen werden.

Dieses Problem könnte zwar durch internationale Abkommen entschärft werden. Allerdings sei derzeit zweifelhaft, ob ein "No-Spy-Abkommen" mit den USA zustande komme. Unzureichend wäre es, so Schaar, wenn es sich lediglich um ein (Geheim-)Abkommen handeln würde, das den Bürgern keinen wirksamen juristischen Schutz böte. Nötig sei ein "gemeinsamer europäischer Rechtsrahmen" für die Befugnisse der Geheimdienste.

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