Vor Jahrestag des Tiananmen-Massakers:China blockiert Google

Kurz vor dem 25. Jahrestag des Massakers auf dem Tiananmen-Platz verschärft China nicht nur seine Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch die Zensur. Die Dienste des US-Anbieters Google sind fast vollständig blockiert.

Stärker als je zuvor blockiert Chinas Zensur derzeit den Zugang zu Google-Diensten. Die Sperren stehen vermutlich in Zusammenhang mit dem bevorstehenden 25. Jahrestag des Pekinger Massakers vom 4. Juni 1989. Sie könnten aber auch langfristig angelegt sein, sagen Experten.

Seit dem Wochenende werden fast alle Google-Dienste wie Suche, Gmail oder Maps behindert, berichtet die Webseite Greatfire.org, die die chinesische Webzensur dokumentiert. "Es ist die bisher strengste Zensur", heißt es dort. Google teilte Medienberichten zufolge nur mit: "Wir haben ausgiebig geprüft und es gibt keine technischen Probleme auf unserer Seite."

Google verschlüsselt seit März alle Suchanfragen chinesischer User, um eine Überwachung seitens der Behörden zu erschweren. Nun hindern die chinesischen Behörden die User kurzerhand am Besuch der Google-Seiten. Seit sich Google 2010 aus China zurückgezogen hat, um sich nicht weiter selber zensieren zu müssen, wurden Nutzer automatisch auf die Google-Suchseite in Hongkong umgeleitet.

Soziale Netzwerke ohnehin geblockt

Zwar hat Google ohnehin keinen großen Marktanteil in China, doch dürften laut Experten viele Millionen chinesische Internetnutzer von den massiven Störungen betroffen sein. Marktführer in China ist die Suchmaschine Baidu, die ihre Suchen zensiert.

Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sowie Youtube oder Webseiten von Menschenrechtsorganisationen und ausländischen Medien wie der New York Times oder der Nachrichtenagentur Bloomberg sind in China geblockt. Viele Chinesen umgehen die chinesischen Sperren mit Tunneldiensten, doch sind die Störungen solcher VPN-Verbindungen vor dem Jahrestag offenbar noch einmal intensiviert worden, wie Nutzer beklagen. Auch ausländische Unternehmen in China sind von Behinderungen betroffen.

Vor dem Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung wurden die Sicherheitsmaßnahmen bereits drastisch verschärft. Dutzende Kritiker wurden landesweit festgenommen, unter Hausarrest gestellt, verhört oder verwarnt, um jede Erinnerung an die Opfer des brutalen Militäreinsatzes zu verhindern, wie Menschenrechtsgruppen kritisierten. Auch beklagten ausländische Korrespondenten in China zunehmende Behinderungen und Einschüchterungen bei ihrer Berichterstattung vor dem heiklen Jahrestag.

In der Nacht zum 4. Juni 1989 war die chinesische Armee mit Panzern gegen Studenten vorgegangen, die seit Wochen auf dem Platz des himmlischen Friedens (Tiananmen-Platz) für mehr Demokratie demonstriert hatten. Dabei wurden Hunderte, möglicherweise sogar Tausende Menschen getötet. Die Führung in Peking begründete das Vorgehen mit der Notwendigkeit, das "Chaos" zu beenden.

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