Vor EU-Gipfel:Opposition greift Merkel scharf an

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In der Diskussion über die Einführung von Euro-Bonds bezeichnet Grünen-Fraktionschef Trittin die Aussagen von Kanzlerin Merkel als "heute schon gelogen". Die Linke wirft ihr gar "politischen Absolutismus" vor und auch die SPD geht auf Konfrontation.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in der Diskussion über die Einführung von Euro-Bonds angegriffen. Merkels Aussagen zu einer gemeinschaftlichen europäischen Schuldenhaftung seien überzogen. Medien berichteten, Merkel habe vor der FDP-Bundestagsfraktion gesagt, Euro-Bonds als gemeinschaftliche Haftung für Schulden von EU-Ländern werde es nicht geben, "solange ich am Leben bin". Dies wurde der Nachrichtenagentur dpa aus Teilnehmerkreisen bestätigt.

Die Aussage sei ein "dummer Satz" und "heute schon gelogen", so Trittin im ZDF -Morgenmagazin. "Frau Merkel ist noch ein Jahr im Amt, da muss sie gar nicht in so weiten Perspektiven denken." Außerdem lägen schon heute Staatsanleihen von Krisenländern in der Größenordnung von 300 Milliarden Euro bei der Europäischen Zentralbank. "Gemeinschaftliche Haftung gibt es schon, obwohl Frau Merkel sichtbar noch lebt", sagte der Grünen-Politiker. Euro-Bonds stünden derzeit nur nicht auf der Tagesordnung, weil dafür eine große Vertragsänderung nötig wäre.

Weidmann, der gewarnt hatte, dass gemeinsame Anleihen der Euro-Staaten den Reformwillen in Krisenländern bremsen könnten, halte er "nicht für klug". Das Spardiktat in der Krise, das Weidmann als ökonomische Weisheit verkaufe, verschärfe die Rezession, kritisierte Trittin.

Bereits zuvor hatte Trittin der Kanzlerin Führungsversagen bei der Verabschiedung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM vorgeworfen. Der Passauer Neuen Presse sagte Trittin, Merkel sei "schuld daran, dass sich diese Krise immer weiter verlängert und verteuert". Deutschland sei bisher nicht mutig genug gewesen, die richtigen Schritte rechtzeitig zu machen.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hatte die Kritik seinerseits scharf zurückgewiesen. Trittin wolle "plump davon ablenken", dass er beim Grünen-Länderrat nur mit größter Mühe an einer peinlichen Niederlage vorbeigeschrammt sei, sagte Gröhe der Nachrichtenagentur dapd.

Kritik an den Äußerungen der Kanzlerin kommt auch von SPD und Linkspartei. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann bezeichnete Merkels dauerhafte Absage an Eurobonds als "Polarisierungen, die uns nicht weiterhelfen". Merkel agiere in der Eurokrise zu spät, zu wenig und zu zögerlich, so Oppermann weiter.

"Das ist ein absolutistisches Politikverständnis", sagte der Linke-Parteivorsitzende Bernd Riexinger der Leipziger Volkszeitung mit Bezug auf Merkels Aussage. "Merkel ist keine ewige Kanzlerin, und Deutschland ist kein Kaiserreich mehr." Aus seiner Sicht habe die Kanzlerin "ihr politisches Schicksal faktisch mit dem Fiskalpakt verknüpft". Wenn sich in der EU die Vernunft durchsetze, "dann nur ohne Merkel".

Die FDP hingegen steht bei dem Thema hinter der Kanzlerin. "Und sie hat auch unsere volle Unterstützung", sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Volker Wissing im Südwestrundfunk. "Es darf nicht sein, dass deutsche Steuerzahler für die Schulden anderer Länder gerade stehen. Wenn es dazu kommen würde, wäre die Akzeptanz Europas auf Dauer beendet".

Am Mittwoch, einen Tag vor dem EU-Gipfel in Brüssel, will die Bundeskanzlerin den Abgeordneten des Bundestags die Position der Regierung vorstellen.

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