Von der Leyen:Die Unverfrorene

Wie die Verteidigungsministerin für die Nachfolge Merkels posiert.

Von Christoph Hickmann

Ursula von der Leyen ist eine Meisterin des politischen Marketings, und in diesem Sommer übertrifft sie sich wieder einmal selbst. Unverfroren nutzte die Verteidigungsministerin die tödlichen Schüsse von München, um in der ansonsten nachrichtenarmen Zeit die Debatte über Bundeswehr-Einsätze im Innern von Neuem zu beginnen. Doch es handelt sich um eine Scheindebatte. Ernsthaft zu diskutieren gibt es nichts.

Einsätze der Truppe im Fall einer sogenannten terroristischen Großlage? Wären ohnehin bereits zulässig - womit eine Grundgesetzänderung überflüssig ist. Die gemeinsamen Übungen von Polizei und Bundeswehr, die es künftig geben soll? Waren schon beschlossen, bevor die Schüsse von München fielen. Warum die Debatte trotzdem geführt wird? Weil sie für von der Leyen äußerst nützlich ist.

Mit den meisten ihrer politischen Großvorhaben konnte sie bislang eher beim politischen Gegner punkten als in der eigenen Partei. Als Familienministerin setzte sie sich für den Ausbau der Krippenplätze ein, als Sozialministerin für die Frauenquote - beides gegen teils erbitterten Widerstand in der CDU, die es ihr mit bescheidenen Wahlergebnissen dankte. Mit dem Einsatz der Bundeswehr im Innern hat von der Leyen nun ein Thema entdeckt, das die Herzen der eigenen Leute erreicht, und zwar gerade rechtzeitig. Schließlich muss irgendwann die Nachfolge Angela Merkels geregelt werden.

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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