Vogelgrippe:"Ökonomische Fragen dürfen keine Rolle spielen"

Als Abwehrmaßnahme gegen die näher rückende Vogelgrippe hat Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer die abermalige Stallpflicht für Geflügel auf den 20. Februar vorgezogen. Biobauern werfen ihm "puren Aktionismus" vor.

Geflügel muss in Deutschland nun bereits ab dem 20. Februar im Stall gehalten werden.

Wegen des Heranrückens der Vogelgrippe hat Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer entschieden, die Stallpflicht vorzuziehen, die eigentlich erst am 1. März in Kraft treten sollte. Außerdem werden Geflügelmärkte bis auf wenige Ausnahmen verboten.

Mit den Ländern wurde vereinbart, aktiv nach verendeten Schwänen zu suchen. Seehofer riet auch, tote Tiere grundsätzlich nicht mit bloßen Händen anzufassen.

Die Stallpflicht soll voraussichtlich bis Ende April gelten. Seehofer begründete die Maßnahmen mit einem "deutlich erhöhten Risiko der Einschleppung" des Vogelgrippevirus.

Es müsse damit gerechnet werden, dass die Einschleppung über Wildvögel erfolgen könne. "Unser Ziel ist es, die Nutztiere zu schützen, und natürlich auch die Menschen", sagte er.

Grundlage für die Maßnahme sei eine neue Risikobewertung durch das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.

Am Wochenende waren an Vogelgrippe verendete Schwäne in Italien und Griechenland entdeckt worden. Außerdem wurde in Slowenien an der Grenze zu Österreich ein toter Schwan gefunden. Ob auch er an H5N1 verendet ist, war zunächst noch nicht klar.

Mit solchen Entdeckungen müsse auch in Deutschland gerechnet werden, sagte Seehofer. Deshalb solle im Rahmen des Wildvogelmonitorings besonders auf Schwäne geachtet werden.

Diese Tiere seien anscheinend sehr empfänglich für den gefährlichen Erreger H5N1. Ein Experte des Landwirtschaftsministeriums, Bernhard Kühnle, betonte, dass Tauben hingegen keine Gefahr bei der Weiterverbreitung des Virus darstellten.

"Im Zweifel für die Sicherheit"

Biobauern reagierten kritisch auf die Stallpflicht. "Das ist purer Aktionismus", sagte der Vorsitzende des Anbauverbandes Bioland, Thomas Dosch, der Berliner Zeitung.

Statt das Geflügel pauschal in den Stall zu schicken, müssten die Kontrollen an den Grenzen verschärft werden. Nach wie vor gehe von wilden Zugvögeln nur eine geringe Gefahr aus.

"Viel gefährlicher sind die illegalen Importe aus Ländern, in denen die Vogelgrippe grassiert", betonte Dosch. Nach Angaben Doschs sind Ökolandwirte besonders von der Stallpflicht betroffen.

Auf einen mittelgroßen Betrieb kämen deswegen Kosten zwischen 5000 und 15.000 Euro zu. Damit müssten etwa Foliengewächshäuser gekauft werden, um die Tiere, die sonst im Freien leben, unterzubringen.

Dosch bemängelte, dass der Staat trotz mehrmaliger Appelle den Landwirten bei der Bewältigung der Kosten bislang nicht finanziell helfe.

Seehofer wies den Vorwurf des "Aktionismus" vehement zurück: "Es gilt die Grundregel: Im Zweifel für die Sicherheit."

Nach Bewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts, des Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit, gelte momentan die zweithöchste Risikostufe, was vor allem mit dem Ausbruch der Seuche in Nigeria zusammenhänge.

Das Virus könne jetzt vor allem über die Südwest- und die Zentralroute der Zugvögel eingechleppt werden.

Er wisse um die Beeinträchtigung, die die Stallpflicht mit sich bringe, sagte der CSU-Politiker. Die Schäden nach dem Ausbruch einer Seuche wären aber weitaus größer für die Betroffenen.

"Ökonomische Fragen dürfen keine Rolle spielen. Es geht um eine gefährliche Tierseuche und potenzielle Gefahren für die Menschen." Seehofer fügte hinzu: "Es ist eine Besorgnis erregende Entwicklung, mit welchen Tempo sich das Virus ausbreitet - und zwar auf uns zu."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: