Vietnam:Dreifaches Schurkenstück

Eine Menschenjagd in Berlin - das darf Deutschland sich nicht gefallen lassen.

Von Arne Perras

Äußerst seltsam. Anders lässt sich kaum beschreiben, wie Hanoi seine vormals guten Beziehungen zu Berlin mit drei Schlägen zerrüttet hat. Im Sommer lassen Geheimdienstagenten erstens einen Vietnamesen auf deutschem Boden entführen, ein klarer Bruch des internationalen Rechts. Die politisch gelenkte Justiz in Vietnam macht zweitens dem Verschleppten den Prozess - und drittens muss der Entführte nun nach einem äußerst fragwürdigen Verfahren lebenslang hinter Gitter. Das ist nicht geeignet, um die frostigen Beziehungen zwischen Berlin und Hanoi wieder aufzutauen.

Gut möglich, dass die Richter auf die Todesstrafe verzichtet haben, weil Hanoi Berlin nicht noch mehr reizen wollte. Eine Hinrichtung Trinh Xuân Thanhs würde das Verhältnis zwischen den Ländern auf lange Zeit vergiften. Daran hat Vietnam kein Interesse. Ohnehin scheint es den außenpolitischen Schaden seines Schurkenstücks völlig unterschätzt zu haben.

Deshalb wird es mühsam sein, die Beziehungen wieder zu kitten. Vietnam müsste sich bewegen, eine Entschuldigung übermitteln und Zeichen der Versöhnung setzen. Aber es sieht eher so aus, als versuchte Hanoi, die Affäre auszusitzen. Berlin darf das nicht akzeptieren. Hakt es den skandalösen Menschenraub jetzt ab, fühlen sich womöglich andere autoritäre Staaten ermuntert, dem Beispiel zu folgen und auf deutschem Boden nach ihren Bürgern zu jagen. Will Deutschland den Rechtsstaat schützen, ist Härte gegenüber Hanoi immer noch Pflicht.

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