Videokonferenz mit Merkel:Bush auf Diplomatie-Kurs

Nach Kritik an seiner Klimaschutz-Initiative hat US-Präsident Bush in einer Videokonferenz mit Kanzlerin Merkel versucht, die Gemüter zu beschwichtigen - ohne in der Sache selbst nachzugeben.

US-Präsident George W. Bush hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer Videokonferenz versichert, dass seine jüngste Klima-Initiative keine Konkurrenz zu Vereinbarungen unter dem Dach der Vereinten Nationen (UN) sein soll. Die USA wollten mit ihrem Vorstoß vor allem den Weg für eine Einbindung von wichtigen Schwellenländern wie China und Indien ebnen, zitierte US-Sicherheitsberater Stephen Hadley aus dem Gespräch.

Noch gebe es bei den Vorgesprächen über die G-8-Beschlüsse Differenzen, gestand Hadley ein. Manche wollten, dass der G-8-Gipfel konkrete Ziele zur Reduktion der Treibhausgase oder aber der Begrenzung des Temperaturanstiegs festlege.

Dies widerspreche aber der Einsicht, dass es globaler Abmachungen im Kampf gegen die Klimaerwärmung brauche und nicht nur solcher der acht führenden Industrienationen, sagte der US-Sicherheitsberater. Schließlich seien Länder mit erheblichem CO2-Ausstoß wie Indien und China nicht Mitglied der G-8.

Wenn es gelänge, wie die USA es vorschlagen, die 15 Staaten mit dem höchsten CO2-Ausstoß bis Ende 2008 auf eine gemeinsame Plattform in dieser Frage festzulegen, wäre dies ein wichtiger Beitrag für den Erfolg der Klimaschutzbemühungen der UN, so der US-Präsident laut Hadley.

Bush habe seine Vorschläge noch vor dem G-8-Gipfel gemacht, damit sie eine bessere Chance haben, zu einem Konsens auf dem Gipfel zu führen. der US-Präsident den Angaben zufolge in dem Gespräch mit der Kanzlerin.

Auch Dank der Bemühungen von Merkel und Blair sehe die US- Regierung heute eine Notwendigkeit globaler Abmachungen nach dem Auslaufen des Kyoto-Abkommens im Jahr 2012, sagte der US-Präsident den Angaben zufolge in dem Gespräch mit der Kanzlerin.

Töpfer gegen Vertagung

Bush hatte vor dem Gipfel der sieben führenden Industriestaaten und Russlands in Heiligendamm nächste Woche eine eigene Strategie gegen den Klimawandel vorgeschlagen. Die 15 größten Schadstoff-Emittenten sollten sich bis Ende 2008 auf ein gemeinsames Ziel zur Verringerung der schädlichen Treibhausgase verständigen. Die von EU-Staaten und der Kanzlerin angestrebten verbindlichen Obergrenzen beim Kohlendioxid-Ausstoß lehnt die US-Regierung aber nach wie vor ab.

Merkel ist beim Thema Klimaschutz weiter für das Festschreiben international verbindlicher Ziele bei der Reduktion von Treibhausgasen und pocht auf Vereinbarungen unter dem Dach der Vereinten Nationen (UN). Das sei eine nicht verhandelbare Auffassung, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin.

Der Umweltpolitiker Klaus Töpfer (CDU) appellierte an die G-8-Staaten, trotz Bushs Vorschlag Beschlüsse zum Kyoto-Fahrplan nicht zu vertagen. Es sei zwar erfreulich, dass "endlich auch Bush die Notwendigkeit konkreter Ziele akzeptiert", sagte der Ex-Chef des UN-Umweltprogramms (Unep) und frühere deutsche Umweltminister der Frankfurter Rundschau. Die Entscheidungen der G-8 dürften aber "nicht wieder auf eine andere Konferenz verschoben werden".

Der Klimaberater der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Hans Joachim Schellnhuber, warnte vor einem Scheitern des G-8-Gipfels: "Das wäre ein Gesichtsverlust für alle Beteiligten", sagte Schellnhuber der Süddeutschen Zeitung.

Den Bush-Vorstoß wertete auch Schellnhuber als "nicht nur negativ". Es sei immerhin ein Zeichen dafür, dass Bush sich bewege. Der US-Vorschlag könne sinnvoll sein, wenn er in die G-8-Strategie der langfristigen CO2-Minderung eingebettet werde.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Kelber warf Bush im Kölner Stadtanzeiger ein brutales Stören der G8-Verhandlungen vor. Man müsse davon ausgehen, dass Bush nicht mehr dazulerne, und bei dem Gipfeltreffen in Heiligendamm deshalb nicht zu den notwendigen Klimafestlegungen bereit sein werde.

Blair und Solana erwarten Fortschritte

"Man soll zwar von einem Scheitern nicht ausgehen", sagte Kelber. "Aber die Gefahr ist groß, zumal es auch nichts bringt, mit der US-Regierung irgendwelche Formelkompromisse zum Klima zu schließen."

Der britische Premierminister Tony Blair und der EU-Chefdiplomat Javier Solana erwarten vom G-8-Gipfel in Heiligendamm hingegen Fortschritte beim Klimaschutz. Nach Worten Blairs bietet das Treffen in der kommenden Woche die Möglichkeit, beim Klimaschutz einen "großen Schritt" nach vorne zu machen.

In Heiligendamm könne ein "globales Abkommen" zu Stande kommen, das auch die Länder einschließe, die die Umwelt am meisten verschmutzten, sagte Blair bei seinem Abschiedsbesuch in Johannesburg in Südafrika. "Ich glaube, diese Woche kann eine tatsächlich große Woche werden." Zu der Klimainitiative von US-Präsident George W. Bush sagte Blair: "Zum ersten Mal hat Amerika gezeigt, dass es Teil eines globalen Abkommens sein will."

Auch nach Ansicht von EU-Chefdiplomat Javier Solana kann der Gipfel den Klimaschutz voranbringen. Der Bild am Sonntag sagte Solana: "Ich bin zuversichtlich, dass die Vereinigten Staaten die Chance nutzen werden und in Heiligendamm wichtige Weichen zum Schutz unseres Klimas gestellt werden."

Umweltorganisationen wie Greenpeace und der BUND hatten Bushs Vorstoß als "Ablenkungsmanöver" und "PR-Show" bezeichnet. Auch EU-Kommissionpräsident José Manuel Barroso kritisierte die Vorschläge der USA als zu wenig ehrgeizig. Japan begrüßte hingegen die Klimainitiative Bushs.

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