Verteidigungsminister im Kosovo:De Maizière besorgt über Gewalt gegen deutsche Soldaten

"Das hätte auch ganz anders ausgehen können": Vor drei Tagen verletzten Serben Bundeswehrsoldaten im Kosovo durch gezielte Schüsse. Bei einem Kurzbesuch in der Region spricht Verteidigungsminister de Maizière von einem "besorgniserregenden" Gewaltausbruch. Er mahnt die Konfliktparteien, mehr für eine politische Lösung zu tun.

Nach dem neuen Gewaltausbruch im Kosovo mit zwei verletzten Bundeswehrsoldaten drängt Verteidigungsminister Thomas de Maizière die Konfliktparteien, mehr für eine politische Lösung zu tun.

Bei einem Kurzbesuch in der Hauptstadt Pristina erinnerte er Serben und Kosovaren daran, dass die europäische Perspektive bis hin zum angestrebten EU-Beitritt von ihrer Kompromissbereitschaft abhänge. "Es gibt viele politische Hebel, um auf politische Fortschritte zu drängen", mahnte er.

Am vergangenen Freitag war die Gewalt in der ehemaligen serbischen Provinz wieder hochgekocht. Zwei Bundeswehrsoldaten der internationalen Schutztruppe KFOR wurden bei der Räumung einer Straßenblockade der serbischen Minderheit angeschossen. "Die Art der Verwundung, Oberarm und Ohr, zeigt, wie gefährlich die Schussabgabe war", sagte de Maizière. "Das hätte auch ganz anders ausgehen können."

In den vergangenen Monaten sind rund ein Dutzend Straßenblockaden geräumt worden, mit denen die serbische Minderheit im Norden des Landes das Durchkommen von Sicherheitskräften der Kosovo-Albaner zur Grenze verhindern will. Bis auf eine dauerhafte Blockade sind mittlerweile alle geräumt.

De Maizière besuchte die deutschen Truppen im Kosovo zum erstmals seit März 2011. Auf seinem Programm standen politische Gespräche in Pristina und der Besuch eines Grenzübergangs zu Serbien, an dem es im vergangenen Jahr mehrfach Ausschreitungen gegeben hatte.

"Es gibt Licht und Schatten"

Insgesamt habe sich die Sicherheitslage im Kosovo seit seinem letzten Besuch nicht verbessert, sagte de Maizière. Allerdings gebe es auch positive Entwicklungen wie den Abschluss eines internationalen Abkommens über die Grenzkontrollen zwischen Serbien und dem Kosovo, das allerdings noch nicht umgesetzt sei. "Es gibt Licht und Schatten", sagte der Minister.

Die eigentlich für dieses Jahr ins Auge gefasste Halbierung des internationalen Truppenkontingents sei aber noch nicht möglich. Das Kosovo ist seit 2008 ein unabhängiger Staat, Serbien will ihn aber unter keinen Umständen anerkennen und die abtrünnige Provinz möglichst wieder eingliedern.

Die Bevölkerung im Kosovo ist zu mehr als 90 Prozent albanisch, im Norden des Landes gibt es allerdings eine starke serbische Mehrheit. Die Regierung in Pristina hat auf dieses Gebiet kaum Einfluss. "KFOR und deutsche Soldaten können das politische Problem nicht lösen", betonte de Maizière. "Das muss politisch gelöst werden." Dazu bedürfe es einer aktiven, moderierenden Rolle der EU, aber auch einer politischen Bereitschaft beider Seiten zu Fortschritten zu kommen.

Derzeit ist die Bundeswehr wegen der angespannten Lage rund um die Präsidentschaftswahl in Serbien mit 1200 Mann in dem Balkanland. In den nächsten Wochen soll die Zahl aber wieder um etwa 500 Soldaten reduziert werden. Der Bundestag hatte sein Mandat für die mit 13 Jahren längste Auslandsmission in der Geschichte der Bundeswehr vor gut einer Woche mit großer Mehrheit verlängert.

Die KFOR sollte ursprünglich den Abzug der jugoslawischen Truppen und die Entmilitarisierung des Kosovo überwachen. Nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo 2008 blieb die KFOR im Land. Im Zentrum steht nun insbesondere die Überwachung demokratischer und multi-ethnischer Sicherheitsstrukturen. Darüber hinaus leisten die Soldaten humanitäre Hilfe in Notsituationen und fördern die Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen sowie die Arbeit internationaler Hilfsorganisationen.

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